Gewaltszene im Video: Gerade behinderte Menschen werden häufig Opfer. Symbolfoto: WR
Leitfaden

Behinderte werden häufiger Opfer sexueller Gewalt

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Menschen mit Behinderungen sind viel öfter von sexuellen Übergriffen betroffen. Das gilt besonders für Frauen. Hilfe verspricht der Runde Tisch "Sexualität und Behinderung" in Bremen, der einen Leitfaden vorgestellt hat.

Die Sexualität von Menschen mit Behinderungen ist oft noch ein Tabuthema. Dabei benötigen gerade Menschen mit geistiger Behinderung Unterstützung – wie der Runde Tisch „Sexualität und Behinderung“ am Montag in Bremen feststellte.

Einerseits sollen Menschen mit Behinderung unterstützt werden, eine „selbstbestimmte Sexualität“ zu finden. Andererseits müssten sie vor sexualisierter Gewalt geschützt werden, wie der Landesbehindertenbeauftragte und die Sozialsenatorin festhalten.

20 bis 34 Prozent der Frauen waren Missbrauchsopfer

„Aktuelle Studien belegen, dass Menschen mit Behinderungen deutlich häufiger Gewalt ausgesetzt sind als Menschen ohne Behinderungen“, sagte der Landesbehindertenbeauftragte Dr. Joachim Steinbrück. Das gelte besonders für Frauen, die etwa viermal häufiger betroffen sind als Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt.

20 bis 34 Prozent der Frauen mit Behinderungen haben in Kindheit und Jugend sexuellen Missbrauch durch Erwachsene erlebt, führt Steinbrück aus. Der Anteil erhöhe sich, wenn man den sexuellen Missbrauch durch andere Kinder und Jugendliche einbezieht, zum Beispiel in Internaten. „Zu den Gründen zählt, dass Behinderte sich viel häufiger in schwierigen Lebenslagen mit Abhängigkeiten befinden, dass sie oft stärker isoliert leben, und dass die Glaubwürdigkeit ihrer Schilderungen eher angezweifelt wird“, sagte Steinbrück.

Leitfaden enthält Empfehlungen zu Vorbeugung

Der Schutz der Menschen mit Behinderungen wird in dem Leitfaden „Sexualität und Behinderung“ thematisiert, der jetzt erstmals in Bremen vorgestellt wurde. „Der Leitfaden enthält unter anderem Empfehlungen zur Vorbeugung sexueller Gewalt wie auch sehr konkrete Empfehlungen für den Umgang mit Verdachtsfällen“, sagte Helge Johannsen von pro familia Bremen.

Präventionsmaßnahmen, die empfohlen werden, sind etwa eine offensive Aufklärung der behinderten Menschen, Selbstbehauptungskurse, Schulungen der Fachkräfte und andere Maßnahmen. Wichtig sei es auch, keine Entscheidungen über den Kopf der oder des Betroffenen hinweg zu treffen. „Übereiltes Einschreiten schadet oft mehr, weil es die betroffene Person ‚überrollt‘ und das Gefühl der Ohnmacht noch verstärkt“, sagte Karima Stadlinger von der ebenfalls beteiligten Einrichtung Schattenriss.

Aufklärung in „Leichter Sprache“

„Wir fördern mit diesem Leitfaden die Professionalisierung im Umgang mit sexualisierter Gewalt in Einrichtungen und für Menschen mit Behinderungen“, sagte Senatorin Anja Stahmann (Grüne). „Jeder Mensch hat ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung“, betonte Dr. Joachim Steinbrück. „Menschen mit Behinderung wird das Recht auf eine eigene Sexualität im Alltag aber oft abgesprochen, sie stoßen häufig auf Barrieren, die eine freie Entfaltung ihrer Sexualität behindern oder sogar verhindern.“

Um die Rechte Behinderter zu fördern, sei unter anderem Aufklärung in leichter Sprache zu Fragen der Fortpflanzung, Verhütung und Familienplanung nötig. Der neue Leitfaden kann bezogen werden unter der Telefonnummer 0421/361-6109 oder martina.kemme@soziales.bremen.de sowie unter www.soziales.bremen.de .

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