Um 9.15 Uhr wird der derzeit inhaftierte Angeklagte in Saal 231 dem Schwurgericht vorgeführt. Er verhüllt fast seinen ganzen Oberkörper unter einer schwarzen Jacke. Gleich zu Beginn der Verhandlung verliest der Staatsanwalt die Anklage.
Widersprüche und Erinnerungslücken
Demnach soll K. am 14. März um 8.22 Uhr seiner ehemaligen Lebensgefährtin einen Brief für die gemeinsamen Kinder überreicht und anschließend ihren neuen Partner mit einem Messer attackiert haben, selbst als dieser irgendwann am Boden lag. Aufgehört habe er erst, als die Klinge abbrach. Das Opfer verstarb gut drei Wochen später in einer Hamburger Klinik.
Laut Staatsanmwaltschaft soll der 33-Jährige aus „übersteigerter Eifersucht“, heimtückisch und aus „niedrigen Beweggründen“ gehandelt haben. Im folgenden räumte K. die Tat ein und beantwortete die Fragen der Vorsitzenden Richterin Barbara Lätzel – widersprach dabei jedoch Aussagen, die er nach der Tat bei der Polizei gemacht haben soll und offenbarte Erinnerungslücken.
Angeklagter schon mehrfach in Haft
Einiges über den Hintergrund der Tat kam jedoch heraus: Nur zehn Tage zuvor war der Angeklagte aus der Haft entlassen worden. In der Vergangenheit wurde er mehrfach, unter anderem wegen Drogendelikten, verurteilt. Auch seine ehemalige Partnerin, Silvia A., soll Drogen genommen haben. Die beiden seien fast 20 Jahre ein Paar gewesen.
Ihre fünf gemeinsamen Kinder, zwischen drei und 15 Jahren alt, wurden ihnen Anfang 2016 „weggenommen“, alle, so K., seien mittlerweile in Pflegefamilien untergekommen. Um seine Haftentlassung herum habe er erfahren, dass A. mit einem anderen Mann zusammen sei, den er ebenfalls seit vielen Jahren kannte.
Vor der Tat: Alkohol, Heroin, Methadon
Auch das Thema Drogen stand am ersten Verhandlungstag im Fokus: Sie haben in K.s Leben offenbar schon früh eine Rolle gespielt. Mit zwölf habe er angefangen zu Kiffen, später kam Kokain dazu, „bergab“ ging es dann vor drei Jahren, als er mit Heroin angefangen hatte. Drogen spielten auch in der Nacht vor der Tat eine Rolle.
Dort habe sich K. mit einem Freund getroffen, etwas getrunken („nicht viel“) und auch noch in den Morgenstunden Heroin genommen. Am frühen Vormittag sei er dann zur Arztpraxis an der Bremer Heerstraße, wo er Methadon erhalten und eingenommen habe. In der Praxis traf er auf A. und ihren Partner – sie wollte draußen mit K. Reden.
Video von den Ereignissen
Dann verlieren sich die Erinnerungen an die Details. Es gibt jedoch eine Videoaufzeichnung von Teilen der Ereignisse, welche sich die Prozessbeteiligten am Dienstag gemeinsam anschauten. Zum Tathergang selbst ist nach dem ersten Verhandlungstag aber nur klar, dass K. mit einem Klappmesser auf das Opfer eingestochen hat.
Genaue Details weiß K. angeblich nicht mehr, alles sei sehr schnell gegangen. Ob K. das Messer gleich gezogen hat oder nicht, oder ob das Opfer, wie er behauptete, vorher an einer Bauchtasche „rumgemacht“ habe („ich wusste nicht, was er da rausholt“), wird im Detail möglicherweise erst nach weiteren Zeugenaussagen klarer.
Nach der Tat eine geraucht
Nach der Tat sei der Angeklagte auf die gegenüberliegende Straßenseite gelaufen um eine Zigarette zu rauchen und auf die Polizei zu warten. Den Beamten soll er dann unter anderem gesagt haben, er hätte ihn „totgemacht“, wenn das Messer nicht abgebrochen wäre und dass er hoffe, das Schwein „verrecke“. Vor Gericht bestritt er derartige Aussagen, das sei „Quatsch“.
Etwa zwei Wochen nach der Tat, bevor das Opfer an seinen Verletzungen starb, schrieb K. einen Brief an einen Bekannten, den die Richterin verlas. Darin: „Ich hätte nicht gedacht, dass der Hund das überlebt. Das nächste mal nehme ich eine Axt“. K. im Gericht: „Das war nur dummes Gelaber. Ich war sauer.“
Bei der Fortsetzung der Verhandlung am 7. Oktober sollen dann erstmals Zeugen gehört werden. Insgesamt sind bis Ende des Jahres acht weitere Verhandlungstermine angesetzt.