Seit Mitte August wohnen 44 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge im ehemaligen Hotel Landgraf, unter Leitung der Lothar Kannenberg Akademie. Der Einzug kam plötzlich – erst als die Jugendlichen schon da waren, informierte die Sozialbehörde das Ortsamt und den Beirat.
Die organisierten daraufhin das Forum „Ankommen in Huchting“ ins Leben, das als Ansprechpartner für alle Huchtinger dienen sollte. Beim zweiten Treffen des Forums am Donnerstag waren alle Bürger des Stadtteils eingeladen.
Ziel: Information und Diskussion zur Flüchtlingsunterkunft
Zweierlei sollte mit dem Treffen von „Forum Ankommen“ zur Flüchtlingssituation in Huchting erreicht werden: Zum einen ging es darum, die Bürger über ihre neuen Nachbarn sowie das Konzept des Trägers zu informieren.
Zum Anderen sollte eine konstruktive Diskussion in Gang kommen: Alle Probleme und gefühlten Probleme sollten angesprochen und wenn möglich gelöst werden. Das erste Ziel des Abends wurde erreicht (mehr dazu hier) – das zweite nur eingeschränkt.
Alle Sorgen sollten ausgesprochen werden können
Beirat und Ortsamt ließen die Diskussionsrunde von zwei professionellen Moderatoren begleiten. „Wir wollten verhindern, dass es nur zu wütenden Zwischenrufen kommt, wie bei der Beiratssitzung im März“, erklärte Ortsamtsleiter Christian Schlesselmannn.
Spielerisch versuchten Merle Runge und Jonas Blecher die Diskussion zu leiten – für manch einen Teilnehmer vielleicht ein wenig zu spielerisch. Durch lautes Klatschen, Johlen und Trampeln sollten sich die Teilnehmer etwa für ein Diskussionsthema entscheiden „Das ist doch Kasperletheater“, murmelte eine ältere Frau ihrem Sitznachbarn zu.
Vertreter der Willkommenskultur setzten sich durch
Die Form der Debatte schien eher denen zu liegen, die ohnehin eigentlich zufrieden mit der Situation sind und nichts gegen eine Flüchtlingsunterkunft haben. Sie trampelten und klatschten begeistert bei dem Thema ihrer Wahl.
So gewann das Thema „Wie erleichtern wir den Jugendlichen das Ankommen?“ gegen das Thema „Wie vermitteln wir ihnen unsere Werte und Regeln“. Das Thema, das noch bei der Beiratssitzung im März für viel Aufregung gesorgt hatte und auch im Infoteil des Abends immer wieder von Bürgern angeschnitten wurde, kam gar nicht erst in die engere Auswahl.
Bürger mit Bedenken verließen die Debatte über Flüchtlinge
Ein Großteil der Bürger, die Bedenken gegen den Einzug der minderjährigen Flüchtlinge haben und eigentlich angesprochen werden sollten, verschwanden hingegen nach und nach von ihren Sitzen. Der Moderator versuchte, diese Dynamik aufzuhalten, indem er sich selbst auf die Position des besorgten Bürgers stellte.
„Ich habe das Gefühl, wir hätten heute eigentlich über ein anderes Thema reden sollen – über Angst“, sagte er noch. Doch diejenigen, die ihm vielleicht zugestimmt hätten, waren zu dem Zeitpunkt schon gegangen.
Linke: „Leute fühlten sich nicht ernst genommen“
„Das hier ist total nach hinten losgegangen“, beklagte Michael Horn von den Linken. „Die Leute haben sich nicht ernst genommen gefühlt – wer weiß, ob die nochmal wiederkommen.“
Und eine der wenigen Frauen, die den neuen Nachbarn eher kritisch gegenüberstand und länger geblieben war, klagte: „Ich dachte, hier sollte über Probleme gesprochen werden.“
Schlesselmann: Besser als anonyme Zwischenrufe
Ortsamtsleiter Christian Schlesselmann steht dagegen weiter hinter der Debatte: „Eine Sitzung, bei der alle anonym durcheinander gerufen hätten, wie im März, hätte uns auch nicht vorwärts gebracht“, gab er zu bedenken.
Beim nächsten Mal müsste die Diskussion vielleicht nur schneller anfangen – durch den langen Infoteil vorab war es bei Beginn schon recht spät. Schlesselmann vermutet darin einen weiteren Grund, warum viele gegangen seien.
Interessant war auf jeden Fall: Die Unterstützer der Flüchtlinge waren nicht einfach nur im Vorteil, weil sie mit der Diskussionsform besser bekannt waren. Sie waren bei dem Treffen in der Turnhalle auch tatsächlich in der Mehrheit.