Das Handwerk könnte von der Vielzahl der Flüchtlinge, die Arbeit suchen, profitieren. Symbolfoto: WR Das Handwerk könnte von der Vielzahl der Flüchtlinge, die Arbeit suchen, profitieren. Symbolfoto: WR
Integration

Wie wird aus einem Flüchtling ein Arbeitnehmer?

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7.300 Flüchtlinge sind schon jetzt in Bremen arbeitssuchend gemeldet. Potenzielle Arbeitgeber gibt es in 5.000 Handwerksbetrieben. Die eine Seite sucht Fachkräfte, die andere einen Job. Doch so einfach ist es nicht.

Wenn der Chef eines Handwerksunternehmens Mitarbeiter sucht, werden zum Kreis der Bewerber in Zukunft auch in Bremen immer häufiger Flüchtlinge gehören. Rund 7.300 Menschen mit Fluchterfahrungen werden zurzeit bei der hiesigen Agentur für Arbeit, die für Bremen, Bremerhaven und den Landkreis Osterholz zuständig ist, beraten.

„Wir rechnen damit, dass das noch nicht die Spitze ist“, sagt Jörg Nowag, Sprecher der Agentur für Arbeit. Nach und nach werden immer mehr Flüchtlinge nach erfolgreichem Anerkennungsverfahren Hartz-IV erhalten – wenn sie nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können.

80 Prozent der Flüchtlinge formal ungelernt

Arbeit finden könnten viele in den rund 5.000 Bremer Handwerksbetrieben. „Sie sind schon viele Jahre engagiert, Zuwanderern die Möglichkeit zu Integration und Ausbildung zur Verfügung zu stellen“, sagt Martina Jungclaus, Hauptgeschäftsführerin der Handelskammer Bremen.

Einfach so in einen neuen Job starten – das funktioniert in den allermeisten Fällen allerdings nicht. „Rund 80 Prozent der Menschen sind formal ungelernt“, sagt Nowag. Diese Zahlen seien jedoch mit Vorsicht zu genießen, weil auch diejenigen Arbeitssuchenden als ungelernt gelten, deren Qualifikationen in Deutschland nicht oder nur teilweise anerkannt werden.

Berufe haben unterschiedliche Nachweismodalitäten

„Die einzelnen Berufe haben ganz unterschiedliche Nachweismodalitäten“, erklärt Nowag. Und ohne schriftlichen Nachweis über ihre Fähigkeiten hätten es ausländische Kandidaten auf dem deutschen Arbeitsmarkt meist schwer. Der hohe Wert von Zeugnissen, Urkunden und Zertifikaten sei nun mal ein „deutsches Spezifikum“.

Damit diese Diskrepanz zwischen Erwartung und Realität nicht für beide Seiten in einer Sackgasse endet, ist erst einmal guter Wille gefragt. „Wir wollen bei Unternehmern dafür werben, sich die Kandidaten trotzdem erst einmal anzugucken“, sagt Nowag. Handwerkliche Begabungen ließen sich so am besten beurteilen. „Es funktioniert nicht ohne den Arbeitgeber. Aber er wird auch nicht mit der Verantwortung für Integration allein gelassen.“

Sprachbarriere ist eines der größten Probleme

Martina Jungclaus ist überzeugt, dass die Bremer Handwerksbetriebe grundsätzlich offen dafür sind, Flüchtlinge zu beschäftigen. Gerade erst hat sie mit einem Betrieb aus der Elektrobranche gesprochen, der einen jungen Flüchtling beschäftigt. „Er bringt gute Grundlagen mit, aber sobald er mit Schaltplänen und Fachliteratur zu tun hat, hat er ein Problem“, sagt sie.

Sprachbarrieren ließen sich also zum Beispiel ganz offensichtlich nicht mit dem aktuellen Angebot an Sprachkursen überwinden. Über die Herausforderungen, die auf den Arbeitsmarkt und auch die einzelnen Betriebe zukommen, dürfe man sich nichts vormachen, betont Jungclaus. „Wir müssen den Handwerksunternehmen das nötige Handwerkszeug an die Hand geben.“

Institutionen informieren über Fördermöglichkeiten

Darüber, welche Förderinstrumente das „internationale Arbeitsverhältnis“ unterstützen, wollen Handwerkskammer, Bundesagentur für Arbeit und Jobcenter am Montag, 5. September, 15 bis 18 Uhr, in der Handwerkskammer, Ansgaritorstraße 24, informieren. Nicht nur Detlef Scheele, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg, ist als Hauptredner zu Gast. Außerdem werden Unternehmen von ihren Erfahrungen mit zugewanderten Arbeitnehmern berichten.

Interessierte Betriebe sollen außerdem erfahren, welche Unterstützungsangebote sie in Anspruch nehmen können, wenn sie Flüchtlinge in ihrem Betrieb einstellen wollen. „Wir haben schließlich schon heute die Situation, dass wir nach Fachkräften suchen“, sagt Jungclaus.

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