Von Henrik Bruns
Es müssen nicht gleich gravierende Verstöße gegen Tierschutzauflagen sein, wie sie aktuelle die Tierschutzorganisation Peta drei Bundestagsabgeordneten mit Schweinemastbetrieben vorwirft. Im Landkreis geht es vielmehr um hunderte verendete Tiere, deren Tod Probleme bei der heute stark technisierten Massentierhaltung aufzeigt.
Wie viele Schadensfälle mit „ungewöhnlich großen Mengen“ an Tierkadavern es in den vergangenen fünf Jahren im Landkreis Verden in der Massentierhaltung gegeben hat, wollte kürzlich die Kreistagsfraktion der Grünen von der Kreisverwaltung wissen. Die Antwort: Konkrete Aussagen lassen sich vor allem für die Schweinemast treffen.
Defekte Lüftungsanlagen als Ursache
In Ställen im Landkreis – genauer in Oyten, Ottersberg, Blender, Kirchlinteln und Dörverden – kamen zwischen dem Juni 2012 und dem 4. Dezember 2015 rund 1.550 Tiere unbeabsichtigt ums Leben. Die Gründe seien technischer Art: In allen der Verwaltung bekannten sechs Fällen wurden Schäden in den Lüftungsanlagen der Ställe als Ursache genannt.
Auf genau diese Fälle hatten die Grünen auch abgezielt. „Unsere Anfrage zielt nicht gegen die Landwirte, sondern es geht uns um das Tierwohl und den Tierschutz“, erklärt Erich von Hofe auf Nachfrage. Dabei habe man nur einen einzigen Fall aus Kirchlinteln als Ausgangspunkt für die Lüftungsproblematik gehabt, so der Grünen-Kreistagsabgeordnete und Vorsitzende des Kreisausschusses für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft.
Hunderte Schweine sind erstickt
Mal war es eine kaputte Sicherung, mal ein defekter Temperaturfühler. Andere Male war die Ursache eine fehlerhafte PC-Steuerung oder ein teilweiser Stromausfall durch beschädigte Kabel, die in örtlichen Schweineställen nach Erkenntnissen der Kreisverwaltung die Lüftungssysteme ausfallen ließen.
Die Folge: Hunderte Tiere seien elendig durch Ersticken verendet, so von Hofe. „Unser Ziel ist es, diese Fälle öffentlich zu machen und Schweinehalter zu sensibilisieren, damit sie das Problem in den Griff bekommen“, so der Quelkhorner.
Auch Alarmanlagen reagierten nicht
Bei der Kreisverwaltung ist die Anfälligkeit der Lüftungssysteme gegenüber Störungen bekannt. Integrierte Alarmanlagen, die solche Defekte eigentlich anzeigen sollten, hätten in den bekannten Fällen nicht reagiert, heißt es. Entweder seien sie nicht fachgerecht eingebaut oder unzureichend gewartet worden.
Wie Betriebsleiter in Fabriken hätten die Landwirte den störungsfreien Betrieb der Lüftungs- und der Alarmanlage zu gewährleisten. Das werde in landwirtschaftlichen Zeitschriften aber auch seitens des Verdener Veterinäramts kommuniziert.
„Ablauf ist nicht transparent genug“
Die Kreisgrünen stört allerdings noch eine andere Sache: So sei man überhaupt erst beiläufig über den Kirchlintelner Gemeinderat auf das Problem aufmerksam geworden. Der Kreislandwirtschaftsausschuss sei dagegen nicht informiert worden. Auch für die Tierbeseitigungsanlage in Mulmshorn, Rotenburg, in der die Tierkadaver entsorgt werden, bestehe offenbar keine Informationspflicht gegenüber der Verwaltung.
„Der gesamte Ablauf bei solchen Vorfällen ist nicht transparent genug“, meint von Hofe. Und dass noch nicht einmal die Kreisverwaltung ausreichend über das ungewollte Tiersterben in heimischen Ställen informiert sei, zeige ein siebter Fall, der der Grünen-Fraktion jetzt bekannt geworden sei. Auch diesen wolle man auf der Sitzung des Landwirtschaftsaussschusses am Dienstag im Kreishaus auf den Tisch legen.