Herr Martin, Sie reisen seit 35 Jahren durch die Welt, können Sie eigentlich auch normal Urlaub machen?
Michael Martin: Nein, ich bin dauernd am Scannen. Ich reise immer mit dem Finger auf dem Auslöser und suche schöne Landschaften, schönes Licht und schöne Situationen. Sogar während meiner Hochzeitsreise habe ich gearbeitet. Für klassische Urlaube bin ich nicht gemacht, dafür bin ich viel zu ungeduldig. Selbst zu Hause: Ich besitze nicht einmal eine Couch.
Sie bezeichnen sich selbst als Abenteurer. Leben Sie damit einen Kindheitstraum?
Was ich mache ist abenteuerlich, es ist aber kein Lebenszweck. Ich bin Geschichtenerzähler. Ich habe mit 15 meinen ersten Vortrag gehalten und mir damit meine Reise finanziert. Das ist bis heute so. Ich vermarkte mich seit 35 Jahren selber und bin dadurch komplett unabhängig.
Wie funktioniert das?
Ich fotografiere ein Projekt, stecke da ein Wahnsinns-Geld rein, veröffentliche ein Buch, toure durch Deutschland und zeige das fünf Jahre. Ich lebe quasi von den Eintrittskarten. Für „Planet Wüste“ habe ich beispielsweise fünf Jahre fotografiert und insgesamt 40 Reisen für insgesamt rund 600.000 Euro in die ganze Welt unternommen – und da ist die Ausrüstung noch nicht mit eingerechnet.
Waren Sie zwischendurch auch zu Hause?
Oh ja. Um die Ausrüstung zu wechseln. Manchmal war ich einen Tag zu Hause, manchmal drei Wochen am Stück. Und dann war ich wieder bis zwei Wochen unterwegs. Aber nicht länger als nötig; ich bin ja kein Globetrotter. Ich muss bei meinen Reisen auf den Punkt kommen und ein tolles Bild machen.
Erzählen Sie bitte von dem neuen Projekt…
Nachdem ich 30 Jahre lang Trockenwüsten fotografiert habe, habe ich mir ab 2010 alle Einöden der Erde vorgenommen. Denn es gibt ja auch Kälte- und Eiswüsten auf unserem Planeten. Ich habe die Arktis und die Antarktis und die beiden Wüstengürtel gegenüber gestellt. Das ist noch nie so gemacht worden. Und es ist spannend: Der Nomadismus etwa, der in den Trockenwüsten weit verbreitet ist, den gibt es auch in Südsibirien. Auch die Formen von Dünen und Schneeverwehungen gleichen sich sehr. Es gibt viele Ähnlichkeiten, aber die Ursachen sind unterschiedliche.
Sie haben ja schon fast alles gesehen und fotografiert. Was kann da noch kommen?
Ich weiß nicht. Vielleicht „Planet Erde extrem“? Ich könnte dahin gehen, wo das Leben seine Grenze hat, Vulkane etwa. Was auch immer, es muss mich reizen. Das ist bei mir im Grunde wie bei einem Drogensüchtigen. Der braucht auch immer eine höhere Dosis…
Ist Ihnen Deutschland als Heimat nicht zu langweilig?
Nein, das ist ein guter Ausgangspunkt. Man kann erst recht hier Leben, wenn man das alles gesehen hat. Und wenn man weiß, wieviel Angst und Korruption es sonst in der Welt gibt. Ich habe ein schönes Leben hier.