Borgfeld, Bremen-Nord oder Bremerhaven – diese Regionen bieten sich in den Augen von Michael Glotz-Richter, Referent für Nachhaltige Mobilität beim Verkehrssenator, besonders für den Praxis-Test an.
„Stadtrandlagen sind die Gebiete, in denen die Verkehrsunternehmen die größten Defizite einfahren“, sagt er. Wenige Nutzer und lange Strecken sind der Grund. Deshalb will die Stadt die selbstfahrenden Busse mit sechs bis acht Plätzen auch genau dort testen.
Mini-Busse sollen ein halbes Jahr lang rollen
Die Elektro-Gefährte sollen rund ein halbes Jahr Fahrgäste aufnehmen und dahin bringen, wo sie Anschluss an den bestehenden Personennahverkehr bekommen. „Das sind Potenziale, die den öffentlichen Verkehr attraktiver machen“, ist Glotz-Richter überzeugt.
Denn: Wo vielleicht langfristig gar kein Personal an Bord ist, könnten Verkehrsunternehmen nicht nur das Personal einsparen, sondern auch häufiger fahren. Ganz ohne menschliche Begleitung dürfen selbstfahrende Busse in Deutschland aber zumindest noch nicht unterwegs sein.
Stewart statt Busfahrer
Statt eines Fahrers fährt ein Stewart mit. „Es muss immer eine Person an Bord sein, die im Notfall übernimmt“, erklärt Glotz-Richter. Möglichst viel sollen die Mini-Busse aber selbst regeln. „Dabei stehen mehrere Systeme zur Verfügung: Die Grobsteuerung läuft per GPS, ein Radar erkennt Hindernisse“, sagt er.
Mit jeder Menge Technik an Bord sollen die Busse zum Beispiel erkennen, ob vor ihnen eine Plastiktüte liegt oder ein Hindernis umfahren werden muss. Per Video wird die Fahrt außerdem in einer Zentrale verfolgt, von wo aus der Elektro-Bus ebenfalls gesteuert werden kann.
Glotz-Richter: „System lässt sich nicht ablenken“
„Im Zweifel verhalten sich die Fahrzeuge immer defensiv“, sagt Glotz-Richter. „Die Sicherheitsbedenken sind nicht größer als bei anderen Fahrzeugen.“ Ein grundsätzliches Betriebsrisiko bestehe zwar, dafür bieten seiner Meinung nach automatische Fahrzeuge einen entscheidenden Vorteil: „So ein System lässt sich nicht vom Verkehr ablenken.“
In der Theorie beschäftigt man sich in Bremen schon seit längerem mit dem Thema autonomes Fahren. Glotz-Richter arbeitet seit zehn Jahren als Gutachter bei verschiedenen EU-Projekten in diesem Bereich. Auch Institute und Unternehmen, die zu diesem Thema forschen, haben sich schon zu Workshops vor Ort getroffen.
Bremen könnte gute Chance haben
„Jetzt würden wir das gern praktisch ausprobieren, damit wir lernen, was zukünftig auf uns zukommt“, sagt Glotz-Richter. Dass selbstfahrende Busse in 20 Jahren standardmäßig durch Bremen fahren, steht für ihn außer Frage.
Fast genauso sicher ist er sich, dass Bremen im Sommer auch den Zuschlag im EU-Projekt „City Mobil“ bekommt. „Wir haben gute Chancen, weil wir uns schon früh mit dem Thema beschäftigt haben“, sagt er.
Für BSAG ist autonomes Fahren noch kein Thema
Außerdem habe der Stadtstaat einen echten Vorteil: Die nötigen Genehmigungsbefugnisse, um das Modellprojekt auch rechtlich zu ermöglichen, seien schnell umzustzen.
Etwas weniger euphorisch betrachtet man das Projekt bei der Bremer Straßenbahn AG, die 1.200 Mitarbeiter beschäftigt, die Busse und Bahnen in der Stadt lenken.
„Es handelt sind um ein Modellprojekt, das wir verfolgen und auch mit sachlichem Input unterstützen werden“, sagt Unternehmenssprecher Jens-Christian Meyer. Autonomes Fahren sei beim Bremer Verkehrsunternehmen aber abgesehen davon noch gar kein Thema. „Wir betrachten das eher als sehr langfristige Grundlagenforschung.“