Frage: Die anhaltende Niedrigzinsphase, steigende regulatorische Anforderungen und die zunehmende Digitalisierung sind Anlass für die Kreissparkasse, eine Fusion mit dem Institut im Nachbarlandkreis zu prüfen. Können Sie die Argumentation unterstützen?
Rudolf Hickel: Die drei Argumente sind wichtig. Ob sie aber die Krise des Sparkassenmodells richtig beschreiben, muss sich noch erweisen. Die Niedrigzinsphase trifft die Sparkassen allerdings besonders stark. Weil dadurch im wesentlichen das klassische Geschäft von Einlagen und Kreditvergabe belastet wird. Man kann da nicht einfach auf bessere Zeiten warten. Auch mit Blick auf das gigantisch wachsende Vermögen auf den Finanzmärkten, vor allem in Folge der Vermögenskonzentration, die Niedrigzinsphase wird sich wohl noch über etliche Jahre hinziehen. Gründe, das Geschäftsmodell der Sparkassen zu überdenken, liegen also vor. Die ins Feld geführten regulativen Anforderungen sehe ich nicht als entscheidenden Grund. Darüber wird bei den Banken schon lange gejammert, es ergeben sich zwar Belastungen, die kamen aber als Reaktion auf die Finanzkrise, und sie sind unvermeidbar. Die weitere Digitalisierung spielt bestimmt die größere Rolle. Es gibt eine entscheidende Wegbewegung von der Geschäftsstelle, hin zum Onlinebanking. Wenn dann auch noch diskutiert wird, das Bargeld abzuschaffen, dann wird das zum Riesenproblem. Eine Fusion müsste aber über Synergieeffekte Kosten senken.
Verliert die Sparkasse durch Fusion mit einer Bank aus einem anderen Landkreis an Regionalität?
Die Regionalität ist eine entscheidende Begründung für das Geschäftsmodell von Sparkassen und auch von Volksbanken. Die wird jedoch durch die Fusion zweier Kreissparkassen offensichtlich nicht gestärkt. Es ist doch eher die Gefahr, dass dennoch Zweigstellen dicht gemacht werden. Dabei gibt es ja zwischen den bisherigen Kreissparkassen keine Überschneidung der Geschäfte. Der lokale Zugang zur Bank bleibt auch in Zeiten zunehmender Digitalisierung ganz wichtig. Zur Stärke der Sparkasse gehört ihre personale Kundennähe.
Werden Risiken bei der Finanzierung von Immobilien oder Investitionen des Mittelstandes durch eine regional aufgestellte Bank anders bewertet, als durch eine Großbank?
Ja, vor allem vor dem Hintergrund, wer in der Bank bestimmt. Der Kreditvergeber der Großbanken hat kaum noch Handlungskompetenz, wenn die Entscheidungen letztlich in der Zentrale in Frankfurt am Main getroffen werden.
Durch mehr Online-Banking stimmen die Kunden auch mit den Füßen oder per Click ab, ob es weiter Geschäftsstellen in ihrer Nähe gibt. Sind solche Bankangebote in der Nähe ein aussterbendes Geschäft?
Zweigstellen sind für die Banken vor dem Hintergrund des verstärkten Online-Bankings natürlich zu enormen Kostenbelastungen geworden. Es ist abzuwägen, auch sozial, was muss die Sparkasse auch für die einkommensschwachen Kunden leisten und was ist zu finanzieren? Dabei eine Fusion zu prüfen, ist genau richtig.
Dann geht es um Personalabbau?
Man muss auch in der Diskussion über die Fusion erklären, woher die Kostenersparnisse kommen sollen. Normalerweise sucht man, mögliche Überschneidungen abzubauen. Schlössen sich Deutsche Bank und Commerzbank zusammen, könnten sie ihr Filialnetz überprüfen, aber solche Überschneidungen gibt es im vorliegenden Fall ja gar nicht. Vielleicht will man nur ohnehin geplante Schließungen von Zweigstellen besser durchsetzen können? Ein anderer Kostenfaktor und da bin ich etwas skeptisch, wären die Ausgaben im sogenannten Backofficebereich. Aber da wird ja bereits in weiten Bereichen, beispielsweise bei der Datensystemen, in einem norddeutschen Abrechnungssystem und den Internetauftritten zusammengearbeitet. Ohne Synergieeffekte würde eine Fusion keinen Sinn machen, würden die anfangs genannten Probleme auch nicht gelöst. Ein genereller Personalabbau müsste verhindert werden. Allerdings könnte es ein paar Vorstandsposten weniger geben. Ein Fehler wäre es, über die beiden Vorstandsbereiche einen neue Vorstandsebene zu schaffen.