Einmal die Woche packt die 79-jährige Frau S. einen kleinen Beutel voll Grünzeug, schnallt ihn auf ihr Fahrrad, und bringt all das, was ihr kleiner Garten an der Ochtum an Überfluss produziert hat, zur Recyclingstation Huchting. Ab Juli 2018 wird sie dafür wohl einen Umweg machen müssen.
30.000 Kunden sind zu wenig
30.000 Menschen kommen jedes Jahr zu der genannten Station am Wardamm und geben dort 1.500 Tonnen Abfall ab. Heruntergerechnet sind das etwa 82 Besucher pro Tag, die gemeinsam etwa 4.000 Kilogramm dort lassen.
Laut Stadt ist das zu wenig für eine Recycling-Station in Bremen, wo die insgesamt 15 Recyclinghöfe zusammen jährlich 1,7 Millionen Kunden haben.
Schließung im Zuge der Rekommunalisierung
Die Stadt arbeitet aktuell daran, ihre Abfallversorgung wieder zu rekommunalisieren – ab Mitte 2018 soll es soweit sein. Unter anderem erhofft man sich davon eine ökologisch effiziente Entsorgung und etwas mehr Einfluss auf die Löhne der Beschäftigten, die besser bezahlt werden sollen.
Den privaten Betreibern von Recycling-Stationen (am Wardamm: die „BREWELO“) wurde bereits gekündigt. Im Zuge dieser Rekommunalisierung wurden die einzelnen Recycling-Stationen nun noch einmal neu bewertet – und entschieden, dass der Standort Huchting aufgegeben wird.
„Gering genutzter Standort in Randlage“
Die Begründung: Erstens sei sowohl die Kundenfrequenz als auch die Abfallmenge im Vergleich zu anderen Standorten stark unterdurchschnittlich. Und zweitens habe die Anlage einen hohen Sanierungsbedarf.
In einem Begründungsschreiben der Umweltbehörde an das Ortsamt heißt es: „Zusammengefasst ist diese Recycling-Station ein verhältnismäßig gering genutzter Standort in Randlage in einem mittleren/schwachen Objektzustand und in dieser Konstellation nicht gut aufgestellt.“
Ersatzweise zur Station in Kirchhuchting
Für Beiratsmitglied Michael Horn (Die Linke) ist das kein Grund für eine Schließung. „Abfallentsorgung kostet immer – aber die Stadt hat da einen klaren Versorgungsauftrag“, sagt er.
Dem widerspricht die Umweltbehörde nicht – auch dort heißt es, man könne einen Recyclinghof nicht nach Gutdünken schließen. Doch zur Entscheidung hat beigetragen, dass die nächste Station nur 2,2 Kilometer entfernt ist – sie liegt in Kirchhuchting an der Obervielander Straße.
Dieser Hof, so heißt es, sei groß genug, um in Zukunft auch die Müllmengen vom Wardamm aufzunehmen. Horn bezweifelt, dass gerade zu Hochzeiten im Herbst auch die Zufahrtswege ausreichen. „Das verstopft die Obervielander Straße“, warnt er.
Für Fahrradfahrer wird Entsorgung schwieriger
Auch für Annemarie Werner (Grüne) aus dem Beirat Huchting zählen die Argumente der Behörde nicht: „Das ist völlig am Bürger vorbei“, findet sie. „Keine Station darf wegrationalisiert werden.“ Ihre Sorge: „Schon jetzt schmeißen Leute ihren Müll in die Parks. Wenn der Weg weiter wird, machen das bestimmt noch mehr.“
Während die Umweltbehörde davon ausgeht, dass die Anlieferung „fast ausschließlich per Pkw“ erfolgt“ und 2,2 Kilometer deshalb als zumutbare Entfernung empfindet, spricht Werner von vielen Kleingärtnern, die wie Frau S. mit dem Fahrrad unterwegs sind.
Jens Tittmann, Sprecher der Umweltbehörde, wirbt um Verständnis: „Wir können leider nicht für jeden eine Station in der Nachbarschaft offenhalten. Wenn ein Einzelner kein Auto hat, dann können ja vielleicht mal die Nachbarn einspringen.“