Wenn es bei Polizeieinsätzen zu Gewalt durch die Beamten oder zu Fehlern kommt, wird intern ermittelt. Damit das möglichst unabhängig passiert, soll die Dienststelle umziehen. Foto: WR Auch wenn mal mehr Polizeibeamte im Einsatz sein müssen - dem Veranstalter kann das laut Bremer Verwaltungsgericht nicht einfach in Rechnung gestellt werden. Foto: WR
Polizeigebühren

Gericht: DFL muss nicht für Polizeieinsätze zahlen

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Das Bremer Verwaltungsgericht hat entschieden: Die Deutsche Fußballliga muss nicht für Einsätze der Polizei rund um Fußballspiele zahlen. Das Land Bremen hatte nach einem Derby Gebühren erhoben, die DFL dagegen geklagt.

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) muss vorerst auch weiterhin nicht für die Polizeieinsätze rund um Bundesliga-Spiele zahlen – auch dann nicht, wenn bei Hochrisikospielen besonders hohe Kosten anfallen. Das geht aus einem Urteil des Bremer Verwaltungsgerichts hervor.

Bremen hatte der DFL eine Rechnung gestellt

Vorausgegangen war dem Prozess ein Gesetz (§ 4 Abs. 4 Bremisches Gebühren- und Betragsgesetzes), das die Bremer Bürgerschaft im November 2014 verabschiedet hatte: Demnach sollten Veranstalter von Großveranstaltungen für die Mehrkosten aufkommen, wenn zusätzliche Polizeikräfte eingesetzt werden müssen. 

Erstmals angewendet wurde das Gesetz nach  einem Derby zwischen Werder und dem HSV im April 2015. Rund um das Spiel in Bremen war es zu einer Massenschlägerei  zwischen etwa 170 Hamburg- und Bremen-Anhängern gekommen.

Es gab mehrere Verletzte und großen Sachschaden. 969 Beamte aus Hamburg, Hessen, Schleswig-Holstein und Bremen waren im Einsatz  – normalerweise sind es bei einem Bundesligaspiel am Weser Stadion etwa 200 bis 250 Polizisten. Die Stadt Bremen hatte daraufhin der Deutschen Fußballliga eine Rechnung über 425.718,11 Euro gestellt.  (Inzwischen hat die Polizei Bremen drei weitere Rechnungen an die DFL geschickt.)

Klage der DFL gegen Gebühren erfolgreich

Die DFL hatte gegen den Gebührenbescheid Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht der Hansestadt hat nun am Mittwoch entschieden: Die erhobenen Gebührenbescheide des Landes sind rechtswidrig. 

Die Vorsitzende Richterin Silke Benje kritisierte dabei die Berechnungsmethode der Mehrkosten – sie sei zu unbestimmt. Die Kosten eines Polizeieinsatzes sind für Vereine vorab schwer kalkulierbar. Die Höhe einer Gebühr, die ein Veranstalter zu entrichten hat, muss nach Bremischem Gebührengesetz für ihn aber hinreichend vorhersehbar sein.

Bremen geht in Berufung

Ob das Bremer Gesetz bezüglich der Mehrkosten für zusätzliche Polizeikräfte grundsätzlich verfassungskonform ist, ließ das Gericht  offen. So oder so: Bremen wird gegen die Entscheidung in Berufung gehen.

Über Bremen hinaus bleiben die praktischen Folgen des Urteils vorerst gering: Eine Befragung der Innenminister der Länder durch Radio Bremen ergab, dass andere Bundesländer dem Bremer Beispiel aktuell ohnehin nicht folgen wollten. 

 Innensenator will Kostenverordnung anpassen

Innensenator Mäurer zeigte sich in einer ersten Reaktion nach dem Urteil dennoch zufrieden: Schließlich habe die Kammer eine Berufung zugelassen und vor allem Formalien kritisiert.

„Damit kann ich gut leben. Wir werden unsere Regelung in der Kostenverordnung entsprechend anpassen“, versicherte Innensenator Mäurer. Die Kammer habe nahe gelegt, künftig Pauschalsätze zu veranschlagen. „Das ist kein großer Aufwand“, so Mäurer.

Mäurer: „Gericht sieht Gesetz als verfassungskonform“

Der Innensenator hatte nach dem genannten Derby 2015 erklärt: „Die Höhe der aufgelaufenen Kosten für diese eine Bundesligapartie ist ein beeindruckender Beleg für die besondere Belastung für die Polizeien der Länder und des Bundes.“ Das Urteil des Verwaltungsgerichts wertete er nun gar als wichtigen Etappensieg:

Schließlich habe die 2. Kammer schon zuvor in der mündlichen Verhandlung vor dem Urteilsspruch das Bremer Gesetz als verfassungskonform bezeichnet. Bei der Urteilsverkündung am Nachmittag habe das Gericht den Punkt nur offen gelassen, weil dieser nicht „entscheidungserheblich“ sei.

CDU: „Ein rot-grünes Eigentor“

Die Opposition sah in dem Urteil dagegen eine Niederlage für den Senat: „Ein rot-grünes Eigentor“, urteilte der innenpolitische Sprecher der CDU, Wilhelm Hinners. Der Alleingang Bremens schade der Stadt und dem Sport. 

Schließlich, so Hinners, sei Gewalt rund um Fußballspiele ein gesellschaftliches Problem, für dessen Lösung die rot-grüne Landesregierung die Verantwortung trage. Viele Randalierer hätten bereits Stadionverbot – ein Gebührenbescheid an die Veranstalter ginge damit an die falsche Adresse. 

Zudem habe Bremen mit seinem Vorstoß gegen das Solidaritätsgebot unter den Bundesländern und gegen Vereinbarungen der Innenminister verstoßen. Die Stellung Bremens als verlässlicher Partner in der Bundespolitik sei dadurch geschwächt.  

Linke kritisiert Nachteile für Werder Bremen

Die Bremer Linke sprach sich nach dem Urteil für einen Abbruch des Rechtsstreits aus. Von Beginn an seien die juristischen Bedenken gegen das Vorgehen groß gewesen, so Kristina Vogt, Vorsitzende der linken Bürgerschaftsfraktion.  Der Staat könne hoheitliches Handeln nicht durch Spezialgebühren für bestimmte Vereine finanzieren. 

Zudem habe Werder Bremen hat durch die im November 2014 erfolgte Spiel-Absage der Nationalmannschaft nach Verabschiedung des Gebührengesetzes bereits Nachteile erfahren.

Reaktionen der Polizeigewerkschaft

Die Gewerkschaft der Polizei im Bund und in Bremen begrüßte das Urteil: „Die Vereine sind nicht diejenigen, die Fußballgewalt provozieren und die teils massiven Polizeieinsätze verursachen. Fußballgewalttäter müssen von den Stadien ferngehalten werden. Das funktioniert nicht mit dem Taschenrechner“, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow am Rande der „Danziger Gespräche“ in Polen.

Auch der Bremer GdP-Landesvorsitzende Jochen Kopelke äußerte Zweifel daran, dass mögliche Vereinszahlungen der inneren Sicherheit zugute kämen. „Eher wird die Kita saniert, als die Polizeistandorte“, ließ er wissen. 

 

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