„Ich kann mich noch an 2012 erinnern, da war die Szene hier tot“, erinnert sich Arne vom DJ-Kollektiv „Conartism“. Früher seien nahezu alle spontanen Partys von der Polizei aufgelöst worden. Das habe viele abgeschreckt.
„Doch das sieht jetzt ganz anders aus“, so Arne, „die Szene wächst.“ Das Gesetz, das diese Partys offiziell erlaubt, ist eine Adrenalinspritze ins Herz der alternativen Tanzkultur. Nicht zuletzt, weil immer mehr junge Künstler, Studenten und Musiker Wind von den guten Bedingungen in Bremen bekommen hätten.
Party? Nur mit Auflagen
„Es ist ein Alleinstellungsmerkmal für die Stadt“, sagt Kollektiv-Kollege Friedmann. Gemeint ist das Freiluftpartygesetz. Ein Blatt, im März vergangenen Jahres verabschiedet, welches „spontane, nicht kommerzielle Feiern unter freiem Himmel mit elektronisch verstärkter Musik“ erlaubt.
Das Ganze ist mit Auflagen verbunden: Der Veranstalter verpflichtet sich Kontaktnamen zu nennen, für sanitäre Anlagen zu sorgen, die Maximalanzahl von 300 Gästen einzuhalten und die Sauberkeit der Fläche am nächsten Tag zu gewährleisten.
„Selbst Berlin hat schon angeklopft“
Anmeldungen können 24 Stunden vorher beim Ordnungsamt erfolgen. Das Gesetz wurde Anfang 2017 nach einjähriger Testphase entfristet. Das ist ein Meilenstein – bundesweit. Andere deutsche Städte hätten bereits Interesse bekundet. „Selbst Berlin hat schon angeklopft“, sagt Sükrü Senkal von der SPD.
Seine Partei hat gemeinsam mit den Grünen und der Linken das Gesetz auf den Weg gebracht. Es sei eine Bereicherung für Bremen und die hiesige Subkultur, die, laut Sekral, entgegen einiger Meinungen, nicht nur aus Saufen und Party bestünde.
Polizei und Feiernde: ein scheinbar kulantes Verhältnis
„Das Katz-und-Maus-Spiel ist vorbei“, stimmt Friedmann zu. Das Gesetz hole die Partys aus der Illegalität. „Jetzt kommt die Polizei zwar auch, doch sie schaut nur kurz, schnackt mit den Verantwortlichen und prüft am nächsten Morgen die Sauberkeit. Und das freundlich und nett“, sagt Arne.
Man fühle sich nicht kontrolliert, eher gäbe es Sicherheit, denn nichts sei ärgerlicher als eine gesprengte Veranstaltung, in die viel Planung geflossen sei. Ein scheinbar kulantes Verhältnis: Zwei Polizeieinsätze hätte es dieses Jahr gegeben – aufgrund der Lautstärke, teilte die Behörde auf Anfrage mit. „Die Einsätze verliefen problemlos“, heißt es.
Für Feiern braucht es Flächen – und davon sind viele gesperrt
Also alles gut? Nicht ganz: „Es gibt zu wenig Flächen, auf denen gefeiert werden darf“, ist man sich bei „Conartism“ einig. Von den 19 angemeldeten Freiluftpartys in diesem Jahr wurden nur neun statt gegeben, meist scheiterten die Versuche an unzulässigen Flächen.
Das geht aus Zahlen des Innenressorts hervor. Die Freigabe eines Areals obliegt den Beiräten in den Stadtteilen – so ist es im Gesetz zu lesen. Und davon wird Gebrauch gemacht: Viele Flächen sind gesperrt. Gibt es freie, dürfen sie nur vier Mal im Jahr „bespielt“ werden.
Vor dem Feiern das Kennenlernen
„Der Raum ist klein“, findet auch Senkal. Allerdings seien viele Beiräte durchaus bereit, auch Testphasen zuzulassen. Auf den Anhörungen, wo sich Politik, Polizei und Behörden mit den Kollektiven traf, um das Gesetz zu besprechen, hätte es dafür Signale gegeben. „Die Veranstalter müssen nur den persönlichen Kontakt suchen“, meint Senkal.
Nicht nur würden sich die Seiten kennen lernen, auch würden die Beiräte merken: „Das sind umgängliche Menschen, die hier feiern wollen“, so Senkal. Und auch von seitens der Bremer Kollektive wäre mehr Vertrauen wünschenswert.
Toiletten, Sauberkeit, Lärm
„Feiern sollte immer erlaubt sein, ohne Auflagen, es gehört zum Freiheitsrecht“, so „Conartism“. Verbieten könne man im Falle von Negativerfahrungen dann immer noch. In der Sperrfreude einiger Beiräte vermuten sie auch Angst vor Müll und Lärm.
„Doch wir hinterlassen die Fläche immer sauberer als zuvor.“ Dafür würden alle Gäste sorgen. Das Gesetz schreibt vor, die Fläche bis 10 Uhr morgens sauber zu kriegen. Daran wolle man rütteln, mehr Zeit bekommen.
Auch die Auflage, Toiletten bereit zustellen, schränke ein. „Das nimmt drei Tage Vorlauf in Anspruch und kostet Geld.“ Für das Kollektiv, hauptsächlich aus Studierenden bestehend, kein eben mal gewupptes Ding.
Einige Punkte seien noch zu besprechen. Dies werde in Gremien nach den Sommerferien geschehen, so Senkal.