Der Zirkus ist in der Stadt. Und kaum ist das Zelt aufgeschlagen, flammt prompt die altbekannte Diskussion auf: Wildtiere im Zirkus, ist das noch zeitgemäß und artgerecht? Der Bremer Tierschutzverein bezieht da klar Stellung: „Dass sie (Zirkustiere) ausschließlich zur Belustigung des Publikums leiden müssen, ist nicht mehr zeitgemäß, Tradition hin oder her“, erklärt Vorstandsmitglied Brigitte Wohner-Mäurer.
„Die ständigen Transporte, zu kleine Gehege, mangelnde Beschäftigung und tierschutzwidrige Dressur führen bei Wildtieren im Zirkus zu massiven Gesundheitsschäden und schweren Verhaltensstörungen“, bemängelt Wohner-Mäurer die Handhabe der Zirkusunternehmen.
Mehr als 80 Tiere
Der Verein ruft regelmäßig zum Boykott solcher Veranstaltungen auf. So auch aktuell, wenn der Circus Voyage vom 3. bis zum 20. August in Bremen gastiert. Der Zirkus besitzt mehr als 80 Tiere, darunter Kamele, Elefanten, Giraffen – und ein Flusspferd.
Zirkus-Sprecher Sascha Grodotzki kennt die Vorwürfe der Gegner nur zu gut: „An jedem Standort, an dem wir halten, das gleiche Spiel: Vereine rufen zum Boykott auf, wollen die Leute aufbringen, manchmal sogar mit erfundenen Geschichten.“
Bundesregierung gegen ein Verbot
Er fragt: „Wie geht es den Tieren, die geschlachtet werden würden?“ Den Tieren im Zirkus gehe es besser als so manchen Haustieren. Die Haltung und der Zustand der Tiere würden bei jedem Halt von Amtsveterinären überprüft. „Das ist von der Bundesregierung festgelegt worden, wir halten uns an die Regeln.“
2014 sprach sich der Bundestag gegen ein Verbot der Zirkus-Haltung von Wildtieren aus. „Bislang konnte nicht belegt werden, dass das Halten von Wildtieren in Zirkussen zu erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden bei den Tieren führt“, heißt es in der Regierungserklärung.
Tiere als Bestandteil der Show
Die erhobenen Daten sprachen 2012 noch von 141 Zirkusbetrieben, die Wildtiere hielten. Heute seien es noch gut 50 Stück, wie der Bremer Tierschutzverein anführt. Einer von ihnen: der in Bremen-Blumenthal haltende Circus Voyage.
Auf die Frage, ob es nicht auch ohne Tiere ginge, entgegnet Sprecher Grodotzki: „Dann wären wir nur ein reisendes Varieté.“
Die Tiere sind ein integraler Bestandteil der Zirkusshow, werden durch die Manege geführt, machen Kunststückchen auf Höckern. Flusspferd „Jedi“ hat die Aufgabe auf ein Podest zu steigen. Nach einem Leckerli geht es zurück nach Hause, in einen mobilen Wassertank, nach eigenen Angaben mit 140.000 Liter Fassungsvermögen.
„Die Menschen wollen Tiere sehen“
Auch die übrigen Tierstätten seien nach „zoologischem Vorbild gestaltet“. Er sieht in den Argumenten der „selbsternannten Tierschützer“ vor allem zwei Dinge: Unwissen und eine persönliche Agenda. „Für diese Menschen geht es nicht darum, die Tiere zu retten, die wollen nur ihre eigene Ideologie durchsetzen.“ Eine, die sie anderen dann aufzwingen wollten.
„Doch die Wahrheit ist: Die Menschen wollen Tiere sehen“, so Grodotzki. Aufgrund der hohen Nachfrage hätte man die Veranstaltung noch um eine Woche verlängert. Gerade Kinder würden immer fragen: „Wann kommen endlich die Elefanten?“ Diese, wie auch die übrigen Tiere, würde man nicht zwingen, aufzutreten. Keines der Tiere sei dressiert.
Lange Wege durch die ganze Republik
„Wenn ‚Jedi‘ (das Flusspferd) nicht auftreten will, dann bleibt es im Tank“, sagt Grodotzki und will gleich noch mit einem weiteren Irrglauben aufräumen: „Die Menschen denken, wir hätten die Tiere aus der freien Wildbahn gefangen, doch viele sind Waisen, kamen entweder aus Zoos oder sind bei uns geboren.“
Und der Transport der Tiere, die langen Wege durch die ganze Republik in Anhängern – eines der Hauptargumente der Gegner? „Gewöhnungssache“, so der Zirkus-Sprecher.