„Das grauenhafte Wirken von Niels H. sprengt das Maß“, so eröffnete Johann Kühme, Präsident der Polizeidirektion Oldenburg am Montagmorgen die gemeinsame Pressekonferenz im Alten Landtag von Oldenburg.
134 Leichen exhumiert
Man habe im Laufe der Ermittlungen erschreckende Erkenntnisse gewonnen: 134 Leichen wurden auf 67 Friedhöfen im norddeutschen Raum sowie in den Bundesländern Bremen und Nordrhein-Westfalen exhumiert. Dabei belaufen sich die Zahlen der Opfer durch die Verabreichung giftiger Wirkstoffe im Klinikum Delmenhorst derzeit auf insgesamt 48 nachweisbare Sterbefälle, im Klinikum Oldenburg auf 36.
Opferzahlen noch nicht abschließend
Dem bereits für sechs Patiententötungen, die er im ehemaligen Städtischen Krankenhaus Delmenhorst begangen hatte, zu lebenslanger Haft verurteilte H. werden in Oldenburg und Delmenhorst 90 Mordtaten zugerechnet. Die Angaben über die Opferzahlen sind auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschließend, da für 41 Sterbefälle noch nicht alle Ergebnisse der toxikologischen Untersuchungen vorliegen. Alle notwendigen polizeilichen Ermittlungen sind jedoch weitestgehend abgeschlossen.
„Man hätte frühzeitig einfgreifen müssen“
Polizeichef Kühme betonte noch einmal, dass er der festen Überzeugung sei, dass viele der grausamen Taten hätten verhindert werden können, hätten sich die Verantwortlichen Mitarbeiter der Kliniken früher an die Polizei gewandt. Bereits im Vorfeld habe es Indizien gegeben, dass Verantwortliche des Klinikums Oldenburg bereits frühzeitig wussten, dass es auffällige Zusammenhänge zwischen Reanimationen, Sterbefällen und der Dienstzeit von Niels H. gab. Die polizeilichen Ermittlungen gegen Verantwortliche des ehemaligen Städtischen Krankenhauses Delmenhorst sind abgeschlossen. Gegen sechs Mitarbeiter des Krankenhauses wurde im Oktober 2016 Anklage erhoben. Die Ermittlungen gegen Mitarbeiter der ehemaligen Städtischen Kliniken in Oldenburg halten an.
Vielzahl an Fällen zugegeben
Niels H. wurde zu den vorgeworfenen Taten laut Oberstaatsanwältin Daniela Schiereck-Bohlmann mit rund 30 Stunden Videomaterial sowie 900 Seiten Schrift an sechs Terminen vernommen. Er selbst habe sich zu den Vorwürfen geäußert und eine Vielzahl von Fällen zugegeben. In den meisten Fällen habe er sich jedoch nicht konkret an Manipulationshandlungen erinnern können, schloss diese aber auch nicht aus. Wieviele Menschen H. insgesamt tötete, ist nicht klar. „Wir werden es nie erfahren, da rund 100 Patienten eingeäschert wurden und Medikamente somit nicht mehr nachweisbar sind“, betont Kühme. Die Soko „Kardio“ beendet ihre Arbeit zum 31. August.