Zu wenig Unterricht, Desinteresse oder hohe Eintrittspreise: Es gibt viele Vermutungen, wo die Ursachen für die hohen Zahlen an Nichtschwimmern liegen. Symbolfoto: WR
Nichtschwimmer

Viele Nichtschwimmer: Bildungsbehörde schlägt Alarm

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Immer weniger Bremer Drittklässler können sich in Schwimmbecken und Badeseen sicher bewegen. Nicht mal jeder zweite Schüler kann zu Beginn der dritten Klasse schwimmen. Und viele waren sogar noch nie in einem Schwimmbad.

Der Unterricht beginnt, einige Drittklässler stehen unsicher am Beckenrand. Sie haben soeben das erste Mal in ihrem Leben ein Schwimmbad betreten.

Was sich wie ein schlechter Scherz anhört, ist mittlerweile trauriger Ernst: Rund die Hälfte aller Bremer Drittklässer waren zu Beginn des vergangenen Schuljahres Nichtschwimmer. Darunter viele, die in ihrem Leben bisher keinerlei Erfahrungen im Schwimmbecken sammeln konnten – Tendenz steigend.

Schwimmunterricht soll Ergänzung sein

Das führt besonders im Schwimmunterricht, der in Bremen in der dritten Klasse verpflichtend ist, oft zu großen Problemen. „Dieser Unterricht ist als Ergänzung und Erweiterung des Schimmenlernens gedacht. Es ist also unglaublich wichtig, dass Kinder bereits vor der dritten Klasse im Schwimmbad waren“, sagt Laura Schmitt, Sprecherin der Bremer Bäder.

Doch nach ihren Erfahrungen steigt die Zahl der Kinder, die noch nie im Schwimmbecken waren.

Eltern fühlen sich nicht verantwortlich

Diese Entwicklung betrachtet Heiko Adler, Ausbildungsleiter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), mit großer Sorge. „Schwimmen und sich im Wasser bewegen zu können gehören zur motorischen Grundbildung eines Kindes wie Krabbeln und Laufen“, sagt er.

„Aber die Eltern fühlen sich oft nicht mehr so verantwortlich, wie es noch vor 20 Jahren der Fall war“, so Adler.

Kulturelle Unterschiede

Einen weiteren Grund für steigende Nichtschwimmerzahlen und Unsicherheit im Wasser vermutet Annette Kemp, Sprecherin des Bildungsressorts, in unterschiedlichen Gewohnheiten. „Die Kultur, dass Eltern mit ihren Kindern schwimmen gehen, ist einfach nicht überall verbreitet“, so Kemp.

Der Zentralelternbeirat (ZEB) kritisiert hingegen die Eintrittspreise und Kursgebühren. „Besonders für Alleinerziehende sind die Preise oft zu hoch“, bemängelt ZEB-Sprecher Pierre Hansen. Der Preis für einen Seepferdchen-Schwimmkurs in den Herbstferien liegt bei rund 90 Euro – mit dem Bremen-Pass können Kosten erstattet werden.

Unterrichtsausbau schwierig

Doch wie ist es möglich, die hohe Nichtschwimmerzahl zu senken und Kinder wieder für den Besuch einer Badeanstalt zu begeistern? „Man müsste den Schwimmunterricht dringend ausbauen. Da stehen die Schulen in der Verantwortung, aber die Politik muss die nötigen Mittel zur Verfügung stellen“, fordert Christian Gloede, Sprecher der Gewerkschaft Bildung und Wissenschaft (GEW) in Bremen.

Angesichts von rund 200 Klassenverbänden, die jede Woche in den Bremer Bädern Unterricht haben, ist das jedoch nicht so einfach. „Es ist nicht immer alles Sache der Schule, das Elternhaus hat auch eine gewisse Verantwortung“, sagt Ressortsprecherin Kemp.

Dem stimmt auch der DLRG-Landesvorsitzende zu: „Bevor man lesen und schreiben lernt, muss man reden können. Und bevor man schwimmen lernt, muss man ans Wasser gewöhnt sein.“

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