Im Jahr 1900 erhielt die Große Schlüsselstraße ihre Bezeichnung nach dem Firmenlogo der ein Jahr vorher gegründeten Bremer Linoleumwerke Delmenhorst. Am 5. Februar beschloss der Stadtrat, sie in „Ludwig-Kaufmann-Straße“ umzubenennen, weil es eine Tatsache wäre, „dass mit dem Wort Deutsche Linoleum-Werke der Name Ludwig-Kaufmann eng verbunden sei; denn sein Wirken hätte dem Werk und seinen Erzeugnissen den Stempel seiner Persönlichkeit aufgedrückt.“
Ehrung für Ludwig Kaufmann
Ludwig Kaufmann wurde am 1. Juni 1884 in Burhave geboren. Nach dem Abitur an der Oberrealschule in Oldenburg schlug er die Ingenieurs-Laufbahn bei der Marine ein und legte zur Vorbereitung zunächst eine Lehre in einem Eisenbahnausbesserungswerk und auf einer Werft zurück, bevor dann die weitere Berufsausbildung im praktischen Marinedienst und auf der Marine-Ingenieursschule folgte.
Im Jahr 1910 entschloss sich Kaufmann dazu, seine militärische Laufbahn aufzugeben und in die freie Wirtschaft zu wechseln. In Delmenhorst übernahm er die Funktion des technischen Leiters der Deutschen Linoleumwerke „Hansa“ an der Stedinger Straße. Sein neuer Arbeitgeber entsandte ihn zunächst nach Großbritannien, wo er bei der Linoleum Manufacturing Company Ltd. in Staines das erforderliche Insiderwissen für die Herstellung des Linoleums vermittelt bekam.
Linoleum aus Delmenhorst
Auch in Kaufmanns Privatsphäre traten nun durch die Heirat von Auguste Stuckenberg, der Tochter des „Hansa-Direktors“, Veränderungen ein. Das Paar wohnte fortan in einer stattlichen Villa an der Stedinger Straße 89.
Den Ersten Weltkrieg erlebte Kaufmann wieder als Ingenieur bei der Marine. In den Frieden und das Zivilleben zurückgekehrt, musste er erhebliche Anstrengungen vollbringen, um die „Hansa“ wieder in Gang zu setzen und die Linoleumproduktion auf Touren zu bringen. Seine Erfolge zahlten sich aus. Ende März 1920 erfolgte seine Ernennung zum stellvertretenden Vorstandsmitglied der Deutschen Linoleum-Werke „Hansa“. Bereits ein dreiviertel Jahr später, zum 1. Januar 1921, wurde er zum ordentlichen Vorstand bestellt.
Fusion der drei Linoleumwerke
Bei der Fusion der drei Delmenhorster Linoleumwerke mit der Germania Linoleum-Werke AG Bietigheim und der Linoleum-Fabrik Maximiliansau AG zur Deutschen Linoleum-Werke AG (DLW) im Jahr 1926 zog Kaufmann als einziger Delmenhorster Repräsentant in die Geschäftsleitung der neuen Gesellschaft ein.
Er kann als einer der geistigen Väter der groß angelegten Verschmelzung vorher konkurrierender Linoleumbetriebe gelten, deren Hauptziele die Rationalisierung und Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Ausland durch die Bildung eines Kartells waren. Die Sicherung und Verbesserung der Qualitätsstandards bei der Linoleum-Herstellung waren Kaufmann stets das wichtigste Anliegen.
Aus großer Schlüsselstraße wird Ludwig-Kaufmann-Straße
Er blieb den Deutschen Linoleum-Werken bis zu seinem Rückzug in den Ruhestand im Jahr 1956 treu. Der stets bescheiden auftretende Patriarch wurde von seinen Mitarbeitern als Vorgesetzter von unbestechlicher Gerechtigkeit, menschlicher Wärme und Hilfsbereitschaft geschätzt.
Neben seinem Wirken für die DLW gehörte Kaufmann von 1927 bis 1951 der Vollversammlung der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer an, deren Präsident er von 1945 bis 1951 war. Als Mitglied des Delmenhorster Stadtrates engagierte er sich, zunächst von den Engländern in die ernannte Stadtvertretung berufen, bis 1952 auch in der Kommunalpolitik. Der am 12 Juni 1954 mit dem großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete ehemalige DLW-Direktor starb am 19. November 1980 im gesegneten Alter von 96 Jahren.