Weser Report: Herr Geiken, auch nach der zweiten Verhandlung gibt es keinen Fortschritt. Die Arbeitgeber lehnen die Forderung der IG Metall nach sechs Prozent mehr Lohn und einer 28 Stundenwoche ab, Sie lehnen das Angebot der Arbeitgeber nach zwei Prozent mehr Lohn ab. Und nun?
Meinhard Geiken: Wir haben am 18. Januar die dritte Verhandlung, dann in Bremen. Da erwarten wir schon, dass sich die Arbeitgeber mit unserer Position auseinandersetzen.
Und die Arbeitgeber erwarten, dass Sie sich mit deren Angebot befassen.
Das ist kein Angebot, das wir ernst nehmen können. Die Arbeitgeber haben es verknüpft mit arbeitszeitpolitischen Forderungen. Das Ganze ist nicht diskutierbar. Wir werden im Januar deutlich machen, dass die Beschäftigten hinter unseren Forderungen stehen.
Sie drohen mit Warnstreiks?
Ja, es wird im Januar Warnstreiks geben, auch in Bremen.
Die IG Metall stellt sich auch auf eine neue Kampfform ein: 24 Stunden-Streiks.
Darüber entscheidet der Vorstand der IG Metall zu gegebener Zeit. Dann wird geschaut, was auf dem Tisch liegt: Sind wir auf einem Lösungskorridor oder sind wir noch so weit voneinander entfernt, dass wir zusätzlich Druck machen müssen.
Für 24 Stunden-Streiks brauchen Sie keine Urabstimmung unter den Beschäftigten.
Nein, aber wir brauchen ihr Votum, ob sie mitgehen. Wenn nicht der überwiegende Teil der Mitglieder ja sagt, haben wir ein Problem. Wir gehen davon aus, dass wir ein Votum bekommen.
Für einen längeren Streik bräuchten Sie eine Urabstimmung, in der 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder zustimmen müssten. Wie weit sind da die Vorbereitungen?
Wir bereiten uns auch auf Urabstimmung und Streik vor, aber wir streben einen Kompromiss mit den Arbeitgebern an. Und es ist allemal besser, vor einer harten Auseinandersetzung einen Kompromiss zu schließen als danach. Denn einen Kompromiss wird es so oder so geben.
Sie setzen darauf, dass die Unternehmen volle Auftragsbücher haben und sich keine Unterbrechung der Produktion leisten können?
Die wirtschaftliche Lage ist so gut wie lange nicht mehr. Das sagt selbst der Arbeitgeberverband Nordmetall. Deshalb müssten die Unternehmen an einem schnellen Tarifabschluss ohne Arbeitskampf interessiert sein.
Hauptstreitpunkt ist Ihre Forderung nach einer 28 Stundenwoche.
Ich bin noch nicht einmal davon überzeugt, dass es beim Lohn einfach sein wird. Außerdem möchten die Kollegen, dass sie ihre Arbeitszeit auch mal vor-übergehend reduzieren können und Zeit haben für sich und ihre Familie oder weil sie Angehörige pflegen oder Kinder betreuen. Das ja eine gesellschaftliche Forderung.
Wenn das eine gesellschaftliche Aufgabe ist, warum soll dann nicht die Gesellschaft, der Staat, dafür bezahlen?
Zur Gesellschaft gehören auch die Arbeitgeber. Ein Zuschuss für eine Arbeitszeitverkürzung ist sicherlich eine zusätzliche soziale Leistung, die sie bezahlen sollten.
Treiben Sie mit Ihrer Forderung nicht Unternehmen aus dem Arbeitgeberverband und damit aus dem Tarifvertrag?
Die Gefahr ist immer da. Aber wer aus dem Arbeitgeberverband und der Tarifbindung austritt, ist die IG Metall noch nicht los.
In Betrieben, wo nur wenige Beschäftigte der Gewerkschaft angehören, können Sie so gut wie nichts durchsetzen.
Da wären wir Katzentiger.
Wäre es nicht wichtiger, in den Tarifverhandlungen vor allem über die Folgen der Digitalisierung zu reden statt über Arbeitszeitverkürzung?
Das ist ein Zukunftsthema, das schon heute in den Betrieben behandelt wird. Ich bin davon überzeugt, dass bei der Frage der Produktion der Zukunft die Arbeitszeitgestaltung eine große Rolle spielen wird. Die Forderung nach der 28 Stundenwoche ist ein Schritt dahin.