Ganz große Auftritte hat es rund ums Volkshaus schon immer gegeben. Tausende protestierende Arbeiter sind auf historischen Aufnahmen davor zu sehen – das Volkshaus war 1928 als Gewerkschaftshaus für die Arbeiterschaft erbaut worden.
Über die Jahrzehnte hatte das Gebäude eine wechselvolle Geschichte. Seit fünf Jahren bilden die Gesellschaft Opus Einhundert und die Wilde Bühne an der Hans-Böckler-Straße 9 gemeinsam das Theater im Volkshaus. Ein „Haus fürs Volk“ wollen die Theatermacher immer noch repräsentieren – quer durch alle Bildungs- und Altersstufen.
Gesellschaftlich relevante Themen
Gastspiele einer Seniorentheatergruppe garantieren, dass auch das ältere Publikum vertreten ist. Opus Einhundert wiederum richtet sich mit seinen Stücken teils schon an Kindergartenkinder – bekannt ist das Projekt von Alexander Hauer aber auch für seine großen Tanztheaterstücke.
Und die Wilde Bühne wendet sich vor allem an Jugendliche ab der fünften Klasse und Erwachsene. Ihre Stücke behandeln gesellschaftlich relevante Themen – Fußball und Drogen, Social Media und Sucht, Gewalt und Schönheitskult.
Vom Applaus allein lässt es sich nicht leben
Das Ensemble der Wilden Bühne besteht aus 16 Schauspielern, die aus einer Drogensucht herausgekommen sind. Gerade bei den jungen Zuschauern, die sonst schwer zu begeistern sind oder sogar als unbeschulbar gelten, zeige die Authentizität der Schauspieler Wirkung: „Unsere Spieler haben oft einen ähnlichen Hintergrund“, erklärt Jana Köckeritz. Und Michaela Uhlemann-Lantow ergänzt: „Wenn Jugendliche beim Rausgehen sagen, wie cool es war, ist das der Oscar des Jugendtheaters.“
Applaus ist das Brot des Künstlers – doch vom Applaus allein lässt sich nicht leben. Die Bildungsbehörde zahlt den Theaterprojekten die Kaltmiete für das Haus des Volkes. Ihr Restbudget müssen die Ensembles auf andere Art erlangen – es kommt über Eintrittsgelder, aber auch Projektanträge und Kursgebühren zusammen.
Lesungen, Konzerte und Erzählabende
„Vom Volkshaus allein könnten wir nicht leben“, sagt Hauer. Trotzdem zeigen sich die Macher mit ihrer Zwischenbilanz nach fünf Jahren Volkshaus zufrieden. „Langsam kennt man uns“, glaubt Uhlemann-Lantow.
Sich das Haus zu teilen, sei manchmal nicht leicht. „Diese Art WG bringt halt eine Menge Absprache mit sich“, so Hauer. Mittlerweile ist man aber eingespielt, jedes Projekt hat über das Jahr unterschiedliche Hauptproduktionszeiten.
Gelegentlich ist sogar Platz für Fremdproduktionen. So hat sich das Volkshaus zu einer Art Kleinkunstbühne entwickelt: Auch Lesungen, Konzerte und Erzählabende finden statt.
„So aktuell wie damals“
Fünf Jahre im Volkshaus wollen gefeiert werden. Hauer führt aus dem Anlass sein Kinderstück „Ein Schaf fürs Leben“ am Sonntag, 18. Februar, auf: Wolf hat mächtig Hunger. Wäre eventuell Schaf eine Option für die nächste Mahlzeit – oder ist es dafür doch zu nett?
Die Wilde Bühne derweil besinnt sich zum Geburtstag auf ihre Anfänge im Volkshaus zurück: Sie führen am 2. März noch einmal „Wir gegen die Anderen“ auf. Mit dem Stück über Fußballfan-Kultur haben sie 2013 im Volkshaus Premiere gefeiert.
Ultras werden darin vor die Entscheidung gestellt, wie sie mit rechten Strömungen in der Fankurve umgehen – und wieweit sie dafür auch bereit sind, mit der Polizei zusammenzuarbeiten. „Das Thema ist so aktuell wie damals“, meint Köckeritz. „Die rechte Szene im Stadion wird derzeit eher wieder größer.“
Wer die Wilde Bühne mit „Wir gegen die Anderen“ schon vorab sehen will, hat am heutigen Donnerstag, 8. Februar, ab 19 Uhr im Ostkurvensaal im Weserstadion die Chance dazu: Das Fanprojekt Bremen veranstaltet die Aufführung dort gegen Spende.