Weser Report: Herr Mäurer, an diesem Donnerstag verhandelt das Oberverwaltungsgericht Bremen darüber, ob die Deutsche Fußball Liga (DFL) für die Polizeieinsätze bei den Fußballspielen zahlen muss, bei denen schwere Ausschreitungen zu befürchten sind. Bremen fordert das, hat aber in der ersten Instanz verloren. Warum rechnen Sie sich jetzt bessere Chancen aus?
Ulrich Mäurer: Wir haben in erster Instanz auf einem Nebenschauplatz verloren. Vom Oberverwaltungsgericht erwarte ich, dass es sich des gesamten Themas annimmt. Mit unserer geltenden Gesetzeslage haben wir ein solides Fundament. Aber wenn die DFL verliert, sehen wir uns vor dem Bundesverwaltungsgericht wieder.
Und falls Bremen verliert?
Dann wahrscheinlich auch.
Und wenn Bremen gewinnt und der DFL einen Gebührenbescheid schickt, reicht die den an Werder weiter?
Dazu gibt es keinerlei Verpflichtung.
Verhindern können Sie es aber auch nicht.
Nein.
Bei Spielen in Bremen soll die Liga zahlen, bei Spielen anderswo nicht?
Wenn wir gewinnen, wird es darüber eine bundesweite Debatte geben. Dann werden andere Bundesländer nachziehen. Darauf werden schon die Landesrechnungshöfe der Länder drängen. Und unsere Forderung ist ja auch keine bremische Erfindung. In mehreren europäischen Ländern beteiligen sich die Erstliga-Klubs längst an den Polizeikosten. Mein Modell sieht so aus, dass man einen Fonds oder etwas Vergleichbares auflegt, aus dem dann bundesweit die Polizeikosten bezahlt werden.
Wer soll in den Fonds wie viel einzahlen?
Darüber muss man diskutieren. Allein die Personalausgaben für die Polizeieinsätze belaufen sich in der Bundesliga in jeder Saison auf rund 100 Millionen Euro. Es geht ja nicht darum, dass die DFL die gesamten Kosten übernimmt, aber eine nennenswerte Beteiligung ist schon angemessen.
Bremen ist hoch verschuldet und hat eigens sein Gebührengesetz geändert, um die DFL zur Kasse bitten zu können. Zufall?
Das hat nichts mit unserer Finanzlage zu tun. Wir haben hier in jeder Saison 17 Spiele, und von denen haben wir 14 Spiele, die wir mit jeweils bis zu 600 Einsatzkräften begleiten, ohne einen Cent geltend zu machen. Kosten sind im Wesentlichen angefallen bei Hochrisikospielen, den sogenannten Rotspielen. Beim Spiel gegen den HSV in der Saison 2016/17 hatten wir über 800 Polizisten im Einsatz. Darunter waren auch Kräfte aus anderen Bundesländern. Die stellen uns dann ihre Kosten in Rechnung und wir müssen aus unserem Haushalt schon mal mehrere hunderttausend Euro an die anderen Länder überweisen. Bei unproblematischen Begegnungen wie gegen Freiburg oder Mainz haben wir dagegen nur 120 bis 130 eigene Kräfte im Einsatz.
Wie viel fordern Sie aktuell von der DFL ein?
Bisher haben wir Kostenbescheide über insgesamt 1,2 Millionen Euro verschickt. Die Gebührenbescheide für zwei weitere Spiele sind noch in Bearbeitung. Insgesamt dürfte unsere Forderung dann bei rund zwei Millionen Euro liegen.
Beim Nordderby zwischen Werder und HSV setzt Hamburg weniger Polizisten ein als Bremen. Warum?
Wir reagieren angemessen auf die Gefährdungslage …
… Hamburg nicht?
Man kann Hamburg nicht mit Bremen vergleichen. Das Weserstadion liegt praktisch mitten in der Stadt. Das ist das Hauptproblem. Auf einer Seite grenzt das Stadion zudem an die Weser. Die zentrale Herausforderung für die Polizei besteht jedes Mal darin, die gegnerischen Fans zu trennen. Viele neuere Stadien sind so gebaut, dass die Fans aus unterschiedlichen Richtungen kommen können und man schon deshalb einen Kontakt der heimischen mit den auswärtigen Fans verhindern kann. In Bremen ist es aufgrund der geografischen Lage des Stadions anders. Deshalb betreiben wir ja auch unter anderem das aufwendige Shuttlesystem. Wir bringen die gegnerischen Fans vom Nordausgang des Bahnhofs mit Bussen zum Weserstadion. Aber schließlich finden sich alle auf dem Weserdeich ein.
Es gibt doch den Vorschlag, den Ambienteweg so auszubauen, dass die Busse die gegnerischen Fans direkt vors Stadion fahren können.
Das verfolgen wir schon seit geraumer Zeit. Ich bin davon überzeugt, dass es so kommen muss. Aber es ist auch mit erheblichen Kosten verbunden. Wir müssen zudem mit dem Beirat und den Anwohnern darüber diskutieren. Die waren bislang davon nicht begeistert, wobei dieser Weg für Fahrzeuge nur bei Fußballspielen geöffnet werden würde. Im Übrigen brauchen wir diesen ausgebauten Weg auch, um im Notfall schwere Rettungsfahrzeuge schneller ans Stadion zu bringen.
Am 24. Februar kommt der HSV wieder nach Bremen. Wie bereiten Sie sich darauf vor?
Wir müssen wieder mit sehr vielen Kräften da sein. Die Lage in der Ultra-Szene ist angespannt. Beide Mannschaften kämpfen zudem gegen den Abstieg.
Was planen Sie denn vorbeugend?
Wir kooperieren mit den Sicherheitskräften in Bremen und Hamburg und mit Werder und dem HSV. Man kann sich vieles vorstellen, um für die Mehrheit der friedlichen Fans eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Aber den harten Kern der Ultras erreichen wir nicht. Das sind einige hundert, wobei nicht alle gewalttätig sind. Besonders auffällige Personen haben aber ein Stadionverbot, derzeit sind es 15 Bremer.
Wenn Bremen vor Gericht gewinnt, könnten Sie auch die Verantwortlichen anderer Großveranstaltungen zur Kasse bitten, etwa den Freimarkt.
Nein. Für den Freimarkt werden wir keinen Gebührenbescheid verschicken. Denn das Gesetz schreibt drei Kriterien vor, die zuvor erfüllt sein müssen: Zur Veranstaltung müssen mindestens 5.000 Teilnehmer kommen, sie muss gewinnorientiert sein, und es muss mit gewalttätigen Auseinandersetzungen gerechnet werden. Einzelne kleine Zwischenfälle, wie sie immer geschehen, wenn viele Menschen zusammenkommen, reichen für die Erfüllung des zuletzt genannten Kriteriums nicht aus.
Die Bürgerschaft kann das Gesetz ja wieder ändern.
Die Bürgerschaft hat nach einem längeren Diskussionsprozess die beschriebenen Kriterien festgelegt, nach denen Polizei und Innenbehörde nun handeln müssen. Innerhalb dieses von der Bürgerschaft gesetzten Rahmens werden wir weiterhin für das Anliegen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern kämpfen.