Früh am Morgen in einem Konferenzraum in Hannover: Die Pressesprecherin Svenja Koch schaut ungläubig auf ihr Handy. Gerade hat sie ein Bild von einer kohlrabenschwarzen Lagerhalle geschickt bekommen. Das abgebrannte Gebäude neben dem Netto an der Artilleriestraße in Verden haben sie und ihr Team für Materialien genutzt.
Genauer: Für 2.500 Gegenstände, die auf Demonstrationen in ganz Deutschland benutzt werden. Megaphone, Stromgeneratoren und Plakate – nichts davon hat das Feuer in der Nacht auf den 9. Januar verschont. Der Schaden liegt im fünfstelligen Bereich.
Der Staatsschutz ermittelt – bis heute. „Wir sind kreidebleich geworden“, erinnert sie sich an den Morgen zurück. Heute im Vereinsgebäude von Campact: Inzwischen ist der Pressesprecherin der Protest-Organisation klar, dass es ein Brandanschlag war.
„Brandstiftung ist eine absolute Grenzüberschreitung“
„Mit unserer Arbeit machen wir uns nicht nur Freunde. Trotzdem ist eine Brandstiftung eine absolute Grenzüberschreitung“, sagt sie ernst. Zusammen mit ihren Mitstreitern organisiert Koch für den Verein Campact Demonstrationen zu Konfliktthemen wie Glyphosat, Kohleausstieg, Waffenexporte und Plastikmüll – meist online. 500.000 Likes haben sie inzwischen auf Facebook.
In der ersten Woche nach dem Brandanschlag verzeichnet Koch über 3.000 neue Unterstützer, die aus Solidarität gespendet haben. Viele ihrer Unterstützer hat der Brand wütend gemacht. „Trotzdem machen wir weiter. Jetzt erst recht“, sagt Koch.
Die erste Anschaffung nach dem Brand war ein neuer Kopf von Kanzlerin Angela Merkel (siehe Foto), der in Hamburg von Künstlern gefertigt wurde. Er stehe schon bereit für eine mögliche Demonstration gegen die GroKo.
Auch Martin-Schulz-Kopf ist abgebrannt
„Eine einzige Glyphosat-Biene hat überlebt. Die haben wir vorher für eine Demonstration nach Berlin verschickt. Viele unserer Unterstützer verbinden damit emotionale Momente“, sagt sie.
Neben der mit Helium gefüllten Biene ist auch ein überdimensionierter Martin-Schulz-Kopf den Flammen zum Opfer gefallen.
„Der ist ja nun auch nicht mehr so wichtig“, kann Koch inzwischen wieder scherzen. Einen Ort für das neue Materiallager hat Koch noch nicht gefunden. Die Halle neben dem Supermarkt war nur angemietet.
Sie hatte eine große Fensterscheibe. Die Türen und Scheiben des neuen Lagers sollen besser abgesichert werden, damit kein Brandsatz reingeworfen werden kann. Koch blickt nach vorne, auch wenn ihr immer noch ganz anders wird wenn sie über mögliche Täter nachdenkt.
Tätverdächtige stehe immer noch nicht fest
Polizeisprecher Helge Cassens sagt: „Einen konkreten Tatverdacht können wir nicht mitteilen. Wir würden es tun, wenn wir eine Festnahme hätten.“