Der Eingangsbereich der Baustoffhandlung Twisterling ist total zerstört. Foto: Stadtarchiv Delmenhorst Der Eingangsbereich der Baustoffhandlung Twisterling ist total zerstört. Foto: Stadtarchiv Delmenhorst
Zeitreise

Brand reißt Narben in das Gesicht der Langen Straße

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Die Zeitkapsel bringt Werner Garbas ins Jahr 1905. In der Nacht vom 13. auf den 14. Juli wütete ein verheerendes Feuer in der Innenstadt. Das Eingreifen der Feuerwehr verhinderte Opfer.

Nach einem kurzen Trip in der engen Kapsel der Zeitmaschine finde ich mich in der Langen Straße wieder. Ein Blick auf das Display meines Smartphones zeigt mir das Datum an. Es ist Sonntag, der 16. Juli 1905. Am späten Nachmittag treffe ich dort, wo heute City-Point und das ehemalige Hertie-Kaufhaus stehen, vor einer wüst aussehenden Brandruine auf eine kleine Gruppe von Männern und Kindern. Mit einem der Männer komme ich nach einiger Zeit in ein längeres Gespräch. Er erzählt mir, immer noch ziemlich aufgewühlt und erregt, dass hier in der Nacht vom 13. auf den 14. Juli ein verheerendes Schadensfeuer gewütet und erhebliche Zerstörungen angerichtet hat.

Lange Straße wird zur Brandruine

Gegen 3 Uhr war ein Passant auf Qualm und lodernde Flammen im hinteren Gebäudeteil des Möbelgeschäftes Nikolaus an der Langen Straße 96 aufmerksam geworden. In großer Panik hatte er lauthals um Hilfe geschrien und so die Nachtwachen dazu veranlasst, über die Zentrale im Rathaus die Feuerwehr zu alarmieren. Der Brand fraß sich in kurzer Zeit schnell immer weiter, bald loderten Flammen auch aus dem Stallanbau des Kaufmanns Mühlenbrock und griffen auf das Hauptgebäude (Hausnummer 97) über.

Die Aufnahme zeigt auf der rechten Seite die vom Schadensfeuer betroffene Häuserzeile nach dem Wiederaufbau. Foto: Stadtarchiv Delmenhorst

Die Aufnahme zeigt auf der rechten Seite die vom Schadensfeuer betroffene Häuserzeile nach dem Wiederaufbau. Foto: Stadtarchiv Delmenhorst

In östlicher Richtung erfasste das Feuer das Haus der Baustoffhandlung Twisterling (Nummer 95). Die dort gelagerten umfangreichen Bestände an Holz- und Brennmaterialien boten dem „Roten Hahn“ ein schnelles und nahrhaftes Futter.

Feuerwehren evakurieren Bürger

Die Mannschaften der pflicht- und freiwilligen Turnerfeuerwehr und die Männer der Werksfeuerwehr der Norddeutschen Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei waren über lange Stunden in unermüdlichem Einsatz, und es gelang ihnen zum Glück, alle Bewohner der brennenden Häuser zu evakuieren und unversehrt zu retten. Dass das Feuer sich nicht noch weiter ausdehnen und weitere Wohn- und Geschäftshäuser in Mitleidenschaft ziehen konnte, war wohl in erster Linie der im Dezember 1904 von der Stadtverwaltung angeschafften Dampfspritze zu verdanken, die schnell große Mengen an Löschwasser liefern konnte, was wohl mit den alten Handspritzen nicht hätte bewerkstelligt werden können.

Die damals in Delmenhorst erscheinenden Delmenhorster Nachrichten meldeten: „Eine schreckliche Brandkatastrophe, die in einer der besten Geschäftslagen unserer Industriestadt große Verwüstung und bedeutenden Schaden angerichtet hat, hat uns heute Nacht heimgesucht. Ein Trümmerhaufen ist heute Morgen, was gestern noch stattliche Geschäftshäuser waren.“

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