Jörg Müller-Arnecke. Foto: Schlie Jörg Müller-Arnecke. Foto: Schlie
Interview

„Verkauf der BSAG prüfen“

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Unternehmer Jörg Müller-Arnecke kämpft für ein starkes Bremen. In der Verkehrspolitik greift er Forderungen der Grünen auf, greift aber Senator Joachim Lohse an.

Weser Report: Herr Müller-Arnecke, immer mehr Unternehmen verlassen Bremen, beklagen Sie, der Industriestandort Bremen sei geschwächt. Aber Fakt ist: In Bremen wächst die Wirtschaft stärker als in allen anderen Bundesländern. Wie passt das zusammen?

Jörg Müller-Arnecke: Wir haben eine solide Wirtschaft, die das Potenzial hat zu wachsen. Aber wir laufen Gefahr, wenn wir viele Faktoren außer Acht lassen, die für einen attraktiven Standort wichtig sind. Dabei geht es nicht nur um Flächen und Gewerbesteuer. Wir brauchen auch ein gutes Bildungssystem, ausreichend Kita-Plätze, eine schlanke effiziente Verwaltung und mehr Wohnungen. Denn um weiter zu wachsen, brauchen wir auch mehr Mitarbeiter.

An potenziellen Mitarbeitern mangelt es nicht. Bremen hat eine der höchsten Arbeitslosenquoten mit 10,1 Prozent. Wie wollen Sie den Menschen wieder eine Stelle beschaffen?

Wir müssen die Leute aus- und weiterbilden. Wir müssen Anreize schaffen, wieder eine Arbeit anzunehmen. Momentan bieten wir offensichtlich zu viele Anreize, um im Sozialsystem zu verweilen. Bremen hat übrigens die geringste Quote beim Sozialhilfebetrug.

Weil die Bremer ehrlicher sind?

Ich glaube eher, die Verwaltung ist schlaffer. Sie macht es den Sozialhilfeempfänger oft sehr einfach. Bremen verwaltet viele Menschen in Armut.

Was schlagen Sie vor?

Wir müssen den Standort stärken, damit die Wirtschaft weiter wächst. Wachstum zu generieren ist ja kein Selbstzweck für die Wirtschaft. Mehr Wachstum schafft mehr Arbeitsplätze und damit einen höheren Lebensstandard. Leider hat es Bremen versäumt, Amazon im Güterverkehrszentrum anzusiedeln. Das Unternehmen hätte hier über 2.000 tariflich abgesicherte Arbeitsplätze geschaffen für gering Qualifizierte. Das wäre doch ein Riesengewinn gewesen. Glück im Unglück ist, dass Amazon das Logistiklager jetzt in Achim baut, also im Bremer Speckgürtel.

Der Wirtschaftsrat fordert einen Ausbau von Carsharing- und Bikesharing-Angeboten. Da stimmen Sie mit den Grünen überein.

Ja. Denn Bremen hat eine Riesenchance, wenn wir uns modernen und innovativen Verkehrskonzepten öffnen. Dazu gehören auch Carsharing-Konzepte, vernünftige Fahrradwege und ein guter öffentlicher Nahverkehr. Das sieht der Senat auch so. Der Unterschied ist: Der Senat versucht, den motorisierten Individualverkehr zu behindern und so den Verkehr auf andere Verkehrsträger zu verlagern. Der Ansatz muss sein: Angebote schaffen, die es attraktiver machen, andere Verkehrsmittel als das eigene Auto zu benutzen.

Zum Beispiel?

Verkehrssenator Joachim Lohse spricht sich gegen ein Freefloating im Carasharing aus, Er will, dass die Autos nur auf eigens dafür ausgewiesen Plätzen abgestellt werden und nach Gebrauch nicht überall parken dürfen. Damit hält er Anbieter wie Drive Now oder Car2go fern. Er propagiert Cambio. Die Gesellschaft hat faktisch ein Monopol in Bremen, ein staatlich geschütztes Monopol.

Sie beklagen auch die vielen Staus in und um Bremen. Wie wollen Sie die auflösen?

Aufgrund fehlender Umgehungstraßen leiten wir den Verkehr massiv durch die Innenstadt. Wir brauchen die A281. Ich habe letzte Woche eine Broschüre bekommen, 15 Jahre alt, erstellt vom damaligen Verkehrssenator. Da steht drin: Fertigstellung der A281 im Jahr 2011. Wenn der politische Wille da wäre, sie zu bauen, gäbe es sie längst.

Der Wirtschaftsrat drängt auch auf eine Privatisierung öffentlicher Unternehmen. Warum?

Bremen hat einen Riesenschuldenberg von über 20 Milliarden Euro. Wenn wir über Haushaltssanierung sprechen, müssen wir auch darüber nachdenken, wie wir durch Veräußerung dieser Unternehmen einmalig die Einnahmen erhöhen, Schulden abbauen und damit künftige Zinszahlungen verringern kann. Wir haben sehr gute Unternehmen, die mehrheitlich der Stadt Bremen gehören wie der Logistikkonzern BLG, der Flughafen, Immobilien Bremen oder der Klinikverbund Geno. Dann kann man doch mal darüber nachdenken: Wie stark könnte ein Verkauf den Bremer Haushalt entlasten? Das Gleiche gilt für die BSAG. Warum schreibt Bremen den Betrieb der Straßenbahn und Busse nicht aus? Warum muss ein Staatsbetrieb das operative Geschäft machen? Weil da treue Parteigenossen geparkt werden können?

Zur Person: Seit rund einem Jahr leitet Jörg Müller-Arnecke den Bremer Landesverband des Wirtschaftsrats der CDU. Der Betriebswirt ist Geschäftsführer der Bremer Segelmacherei Beilken. In Segelwettbewerben errang er zahlreiche nationale und internationale Titel.

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Eine Antwort

  1. messingrot . sagt:

    Der Typ hat nicht mehr alle Latten am Zaun.

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