Weser Report: Herr Lohse, auch in Bremen steigen die Mieten, sind Wohnungen knapp. Was unternehmen Sie gegen die Wohnungsnot?
Joachim Lohse: In Bremen haben wir keine Wohnungsnot, aber wir haben eine angespannte Lage. Deshalb haben wir vor sechs Jahren ein Bündnis für Wohnen ins Leben gerufen. Wir haben beschlossen, dass bei Neubauten 25 Prozent der Wohnungen Sozialwohnungen sein müssen, wenn der Bauherr das Grundstück von der Stadt gekauft hat. Und wir haben seither drei Förderprogramme aufgelegt, die so attraktiv waren, dass es Projekte gibt, wo der Anteil der Sozialwohnungen 60 Prozent beträgt. Jetzt diskutieren wir ein viertes Wohnraumförderprogramm, das ein Volumen von rund 40 Millionen Euro haben soll. Schon jetzt erteilen wir mehr Baugenehmigungen, als wir ursprünglich geplant hatten.
Aber es werden längst nicht so schnell so viele Wohnungen gebaut, wie genehmigt wurden. Wo hakt es?
Wir denken über Instrumente nach, die Spekulationen mit Baugrundstücken zu verhindern. Ich kenne aber vor allem Fälle, wo Wohnungsgesellschaften die Ausschreibung für den Bau von Wohnungen zwei- bis dreimal wiederholt haben, weil die Bauunternehmen so hohe Preise verlangt hatten, dass die Kalkulation nicht mehr aufging. Wir sehen ja auch beim Tiefbau und beim Straßenbau, dass die Preise um 30, 40 Prozent gestiegen sind. Da wird ein Stück weit ausgenutzt, dass es viele Aufträge, aber zu wenig Fachkräfte gibt.
Sie sind Senator für Bau, Verkehr und Umwelt. Wie lösen Sie Konflikte zwischen dem Bauen von Wohnungen und dem Erhalt grüner Flächen?
Man muss akzeptieren, dass wir eine hohe Nachfrage nach Wohnungen haben und viele Bremer im Grünen wohnen wollen. Außerdem gibt es eine Versinglelung der Gesellschaft. Über 50 Prozent aller Haushalte in Bremen sind Single-Haushalte. Pro Kopf der Bevölkerung wird also mehr Wohnraum in Anspruch genommen. Das ist ein Grund für den Druck auf den Wohnungsmarkt. Trotzdem den Grünanteil in der Stadt zu halten, geht dann nur beispielsweise mit Fassaden- oder Dachbegrünung. Das ist konkret eingeflossen in den soeben verabschiedeten Bebauungsplan zum Hulsberg-Viertel und soll künftig grundsätzlich verpflichtend vorgeschrieben werden.
Es wird also verdichtet, weniger Abstand zwischen den Häusern?
Bremen ist die erste deutsche Stadt, die es geschafft hat, die Zersiedelung nicht weiter voranzutreiben. Das führt dazu, dass wir dichter und höher bauen müssen. Aber der Bau von hohen Häusern ist in Bremen ein schwieriges Thema, da kommen gleich die großen Proteste aus den Stadtteilen. Wenn man nicht am Stadtrand bauen will und nicht in die Höhe, dann muss man im Innenbereich der Stadt verdichten. Da kommt man auch in Konflikte. Häufig finden wir aber elegante Lösungen, weil uns Flächen zur Verfügung gestellt werden, auf denen früher Betriebe standen, etwa das Kellogg’s-Gelände oder das alte Gaswerk-Gelände. Wenn wir dort Wohnungen bauen, geht das nicht zu Lasten grüner Flächen.
Solche Flächen haben Sie nicht überall.
Im Hulsberg-Quartier stehen natürlich stadtprägende Bäume, da haben wir eine Diskussion um jeden einzelnen Baum. Wir haben die Diskussion auch in Bremen-Nord, wo es um die Bebauung eines ehemaligen Gärtnereigeländes in der Nähe von Knoops Park ging und behauptet wurde, wir würden den eigentlichen Park bebauen.
Ein großes Projekt ist der Umbau der City. Wie geht es da voran?
Im Laufe des Herbstes soll eine konzentrierte und komprimierte Diskussion laufen, wie man die Pläne der unterschiedlichen Investoren aufeinander abstimmen kann. Da wird man auch auswärtige Experten nach Bremen holen, aus anderen Teilen Deutschlands, aus Skandinavien und den Niederlanden. Gemeinsam mit dem Bauressort und dem Wirtschaftsressort bereitet Kurt Zech im Moment die Diskussion vor.
Das City-Parkhaus soll abgerissen werden. Wo sollen die Besucher dann parken?
Man muss überlegen, wie viele der wegfallenden Parkplätze ersetzt werden müssen. Im Moment haben wir ganzjährig Leerstände in den Parkhäusern. Voll sind sie nur an den Adventssamstagen. Vielleicht reicht es auch, Parkflächen auf der Bürgerweide anzubieten und einen Shuttle-Service zur Obernstraße einzurichten. Wir denken auch daran, ob man Garagen von Unternehmen nutzen kann, wo werktags die Mitarbeiter parken. Abends und am Wochenende stehen diese Plätze leer. Es macht ja keinen Sinn, wenn die eine Hälfte der Parkflächen nur werktags voll ist und die andere nur am Wochenende.
Die Geschäfte in der Innenstadt müssen weiterhin beliefert werden. Wie lässt sich denn dieser Verkehr in Zukunft organisieren?
Zu einer modernen City-Logistik gehört auch, dass nicht jeder Füllfederhalter mit einem Sprinter in das Schreibwarengeschäft gefahren werden muss. Es kann auch sein, dass die BSAG bestimmte Funktionen übernimmt. Wir denken darüber nach, Güterwaggons an Busse und Straßenbahnen anzuhängen. Wir denken auch über ein Lasten-E-Bike-System nach, um Produkte ans Ziel zu bringen. Vielleicht kann man unterschiedliche Systeme miteinander kombinieren. Noch gibt es kein fertiges Konzept.