Weser Report: Herr Sichermann, in Bremerhaven und Hamburg ist der Containerumschlag 2017 gesunken, in Rotterdam und Antwerpen gestiegen. Was machen die Niederländer und Belgier besser?
Wolfgang Sichermann: Rotterdam steht für die Niederlande, Antwerpen für Belgien. Doch wer steht für Deutschland? Die deutschen Seehäfen haben gute Chancen, wenn sie im Ausland gemeinsam und weniger als Konkurrenten auftreten. Deutschland muss sich im internationalen Wettbewerb noch stärker als Standort für maritime Wirtschaft positionieren. Das Deutsche Maritime Zentrum möchte die Gesprächspartner an einen Tisch bringen, um ein Angebot zu entwickeln.
Reedereien mussten aufgeben, andere fusionieren. Wie wirkt sich das auf die Häfen aus?
Dadurch geraten die Häfen noch mehr unter Druck.
Die deutschen Reeder müssen auch neue Modelle zur Finanzierung ihrer Schiffe suchen, denn viele Banken und Privatanleger sind abgesprungen.
Gegenwärtig ist ausländisches Kapital in der Schiffsfinanzierung. Dafür muss die deutsche maritime Branche eine Antwort finden. Denn das Kapital beeinflusst die Geschäftsmodelle, also: Wo wird ein Schiff gebaut? Welche Technologie kommt an Bord? Entspricht die den höchsten Umweltstandards? Die deutsche maritime Wirtschaft sollte sich auch weiterhin als Anbieter innovativer umweltschonender Technologie auf dem Weltmarkt positionieren.
Was hält die Branche ab?
Die Forschung in Deutschland hat viele Ideen, diese zügig kommerziell umzusetzen, ist eine große Herausforderung.
Wann kommt das erste autonom fahrende Schiff?
In einigen Bereichen gibt es solche Schiffe schon, etwa in der Meeresforschung. Bereits heute gibt es an Bord viele teilautonome Systeme. Autonom fahren heißt ja nicht nur, dass keine Menschen mehr an Bord sind. Der entscheidende Punkt ist, dass die Aufgabe des Kapitäns, also die Verantwortung für das Schiff, an ein System abgegeben wird. Hierfür bedarf es neben der technischen Expertise auch der Rechtssicherheit. Erst dann werden die Menschen autonome Systeme akzeptieren.
Ändern sich die Schiffsrouten? Rund ums Mittelmeer sind moderne Häfen entstanden.
Die deutschen Häfen bekommen die Konkurrenz der Mittelmeerhäfen zu spüren. Wenn man die Umweltaspekte berücksichtigt und die Kosten des Weitertransports in den Norden per Lkw oder Bahn betrachtet, dann stellt sich die Frage, ob und wem das wirklich Vorteile bringt.
Das Deutsche Maritime Zentrum, im Frühjahr gegründet, soll in der maritime Branche koordinieren und sie stärker positionieren. Geschäftsführer ist Ex-Thyssen-Manager Wolfgang Sichermann.