Jan Timke auf der Pressekonferenz im Haus der Bürgerschaft am Mittwoch. Foto: Raddatz
Bremer Politiker

Timke gibt zu: Habe Haftbefehl verbreitet

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Der Bremer Politiker Jan Timke hat den Chemnitzer Haftbefehl ins Internet gestellt und übernimmt dafür die volle Verantwortung. Allerdings greift er den Justizsenator Martin Günthner scharf an. +

Vor zwei Tagen hat Jan Timke das Foto eines Haftbefehls gegen den Verdächtigen in der Chemnitzer Messerattacke auf seinem persönlichen Facebook-Profil veröffentlicht. Dass dies strafbar sei, sei weder ihm noch seinen Mitarbeitern bekannt gewesen, sagt Timke. Der Mann ist Abgeordneter der Bürgerschaftsgruppe „Bürger in Wut“ und arbeitet bei der Bundespolizei. Die Staatsanwaltschaft Bremen nahm die Ermittlungen auf. Die Polizei durchsuchte sein Haus in Bremerhaven und beschlagnahmte Handy, Tablett und PC. 

„Dem Senat seit langer Zeit ein Dorn im Auge“

Timke sieht sich mehr als Opfer denn als Schuldigen. Dem Justizsenator Martin Günthner (SPD) wirft er vor, die Ermittlungen gegen ihn und die Hausdurchsuchung könnten „politisch motiviert sein“. Denn den Haftbefehl hätten mehrere Personen verbreitet, aber seines Wissens sei nur sein Haus durchsucht worden, sagte Timke. Günthner sehe in ihm einen „Intimfeind“, sagt Timke. „Ich bin dem Senat seit langer Zeit ein Dorn im Auge“, so der Bremer Bürgerschaftsabgeordnete.

Günthner wies die Vorwürfe am Abend zurück: „Herr Timke gibt sich gerne als ein Law-and-Order-Politiker der harten Sorte. Nun, da die Staatsanwaltschaft Bremen gegen ihn ermittelt, fällt ihm nichts weiter ein, als auf eine politische Kampagne zu verweisen. Das spricht Bände und ist unterste Schublade.“ 

Timke solle lieber anfangen, vor seiner eigenen Haustür zu kehren, so Bremens Justizsenator. Den Vorwurf Timkes, die Ermittlungen und die Durchsuchungen seien „politisch motiviert“, nannte Günthner ein „politisches Ablenkungsmanöver“. 

Nachfragen der anwesenden Journalisten ließ Timke auf seiner kurzfristig anberaumten Pressekonferenz im Haus der Bürgerschaft nicht zu. Ob Timke der erste war, der den Haftbefehl im Internet veröffentlichte – und wie er überhaupt ins Netz gelangen konnte – bleibt weiter unklar. Bei dem Haftbefehl handelte es sich um eine Messer-Attacke in Chemnitz, bei der ein Mann am vergangenen Sonntag starb. Der Vorfall führte zu rechten Ausschreitungen in der Stadt. 

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Eine Antwort

  1. nizo800 sagt:

    „Der Bremer Politiker Patrick Öztürk und sein Vater sollen Drahtzieher des Sozialbetrugs in Bremerhaven gewesen sein“, berichtete am 31.01.2018 der Weser-Kurier. Dennoch ermittelte die Staatsanwaltschaft nur gegen den Vater und nicht gegen den Sohn. Patrick Öztürk ist Mitglied der Bremischen Bürgerschaft, ein MdBB. Die Fraktion der SPD hat er im Oktober 2016 verlassen, aber er ist immer noch Genosse.
    Warum hält sich die Staatsanwaltschaft ihm gegenüber so zurück? Wir stehen vor einem Rätsel. Steht Patrick Öztürk etwa unter dem Schutz der Immunität als MdBB? Nein, diesen Schutz für Parlamentarier schaffte die Bremische Bürgerschaft im Dezember 2016 durch eine kleine Veränderung des Artikels 95 und unter Verweis auf eine „Immunitätsrichtlinie“ in der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft praktisch ab. (Wer juristisch interessiert ist, schaue sich diese Konstruktion einmal an. Ich jedenfalls finde sie abenteuerlich. Weltweit einmalig).
    Auf dieser neuen Grundlage wurden Staatsanwaltschaft und das Bremer Amtsgericht allerdings sofort tätig, als Jan Timke, MdBB von „Bürger in Wut“, einen Haftbefehl gegen den Verdächtigen in der Chemnitzer Messerattacke auf seinem persönlichen Facebook-Profil teilte. Die Staatsanwaltschaft führte bei ihm in Bremerhaven eine Hausdurchsuchung und beschlagnahmte Computer und Handy. Welche neue Wahrheit kam dadurch ans Licht? Keine. War da Gefahr im Verzug? Nein.
    Also wozu führte das ganze Unternehmen? Ich habe nur eine Erklärung dafür: Das SPD geführte Justizressort sah hier eine schöne Möglichkeit, den Ruf von Jan Timke, MdBB für „Bürger in Wut“, als redlichen Politiker zu unterminieren. Das könnte ich verstehen – der Wahlkampf hat begonnen.
    Oder könnte ich das auch anders sehen? Das würde ich gerne tun. Aber wie denn sonst, bitteschön?
    Martin Korol, Bremen

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