Weser Report: Herr Bollhagen, Politiker aus CDU und SPD fordern, für mehrere Handwerksberuf wieder die Meisterpflicht einzuführen, damit nur Meister einen Betrieb führen dürfen. Wie sehen Sie das, als Malermeister und Unternehmer?
Peter Bollhagen: Ich kenne schlechte Malermeister, und ich kenne sehr gute Maler, die keinen Meisterbrief haben. Ich bin kein Verfechter der Meisterpflicht. Sie entspringt einer alten Ständeordnung, die überholt ist.
Viele Handwerker suchen verzweifelt Auszubildende. Gleichzeitig finden nicht alle Schulabgänger einen Ausbildungsplatz. Wie passt das zusammen?
Die Chance, einen Ausbildungsplatz zu finden, hängt erst einmal von der Qualifikation eines Schulabgängers ab. Ich habe zwei Schwarzafrikaner in der Ausbildung. Einer kommt aus Gambia. Der ist hoch motiviert und sprachlich nicht viel schlechter qualifiziert als mancher Bremer, der hier zur Schule gegangen ist.
Der Senat hat doch ein besonderes Auge auf die Bildung.
Die Ausbildungsfähigkeit von Schulabgängern ist ganz schlimm. Hamburg hat die Wende ja auch geschafft, in Bremen haben zehn Jahre Schulkonsens nichts gebracht. Ich brauche Mitarbeiter, die auch mal einen kurzen Text schreiben können, die auch mal Kontra geben.
Sie mussten überraschend schnell die Leitung des elterlichen Malerbetriebs übernehmen. Was raten Sie aufgrund Ihrer Erfahrung Familienunternehmern, die einen Nachfolger suchen?
Das ist ein massives Problem. Man muss früh genug anfangen, einen Nachfolger zu suchen. Ich selbst bin gerade dabei, eine innerbetriebliche Lösung zu entwickeln. Die vorbereitenden Gespräche führe ich schon seit längerem, bei den ersten war ich 55 Jahre alt.
Auch im Handwerk kaufen Betriebe Wettbewerber auf und bilden Ketten. Welche Chancen haben kleinere Familienunternehmen da noch?
Der Trend zur Bildung von Betriebsketten wird weitergehen. Auch hier in Bremen hat ein Malerunternehmen mittlerweile rund ein Dutzend Betriebe übernommen. Kleinere Familienunternehmen müssen sich spezialisieren, zum Beispiel hochwertige und beratungsintensive Arbeiten anbieten und eine Nische besetzen. Ich habe viel Privatkundschaft und mache auch kleinteilige Arbeiten.Ein großer Vorteil von Familienunternehmen ist: Sie können langfristig denken und planen.
Vor welchen Herausforderungen stehen Familienunternehmen in Bremen?
Die Landesregierung behandelt Unternehmer ja nicht gerade als Freunde. Ich habe das Gefühl, man kämpft gegen Windmühlen. Wir haben zu wenig Gewerbeflächen und eine schlechte Infrastruktur. Es gibt keinen Plan, der sicherstellt, dass der Wirtschaftsverkehr läuft. In der Wirtschaftspolitik sind die Hamburger einen Schritt weiter. Und Hamburg hat auch eine rot-grüne Regierung. Wirtschaftssenator Martin Günthner ist einer der wenigen in der Landesregierung, der auch mal positive Stimmung verbreitet.
Ist der geplante Umbau der City nicht ein Signal des Aufbruchs?
Wer baut denn um? Wenn wir nicht Unternehmer hätten, die die Initiative ergriffen, würde nichts passieren. Dass die Kreuzung Am Brill fürchterlich ist, dass die Hundestraße hinterm Kaufhof schlimm ist, weiß doch jeder. Da hätten auch aus der Politik Initiativen kommen können. Es gibt in Bremen eine gefährliche Genügsamkeit. Wir freuen uns schon, wenn wir nicht mehr auf Platz 15 sind, sondern auf Platz 13. Es gibt überhaupt keinen formulierten Anspruch, die Spitze, den Platz eins zu erreichen. Es gibt ein Arrangement mit dem Mittelmaß, in der Politik, aber leider auch in weiten Teilen der Gesellschaft
Wie bricht man das auf?
Nur indem man ständig darauf hinweist. Die Leute, die vorne stehen, müssen diesen Anspruch postulieren.
Wenn Sie einen großen Wunsch an den Senat hätten…
Ich will, dass Bremen wieder sagt: Wir wollen an die Spitze. Vor allem in der Bildung, in der Digitalisierung und mit dem Arbeitsmarkt.