Weser Report: Herr Köhne, kaufen die Deutschen so wenig Elektroautos, weil es zu wenig Ladestationen gibt? Oder gibt es so wenig Ladestationen, weil es so wenig Elektroautos gibt?
Torsten Köhne: Es gibt deutlich zu wenig Elektroautos. Unsere Ladestationen könnten durchaus besser ausgelastet sein. Wir haben auch schon Ladesäulen wieder abgebaut, weil sie zu selten frequentiert wurden. Auch bei den konventionellen Tankstellen gibt es ja gute und nicht so gute Standorte. Aber im Prinzip ist die Durchdringung mit Ladestationen nicht schlecht. Bremen liegt im Bundesvergleich im Mittelfeld. Wir sind gut unterwegs mit dem, was wir uns für den Ausbau der öffentlichen Ladestationen vorgenommen haben.
Wo werden die meisten Elektroautos aufgeladen?
Oft zu Hause, überwiegend aber in den Unternehmen. Das liegt nicht daran, dass es zu wenig öffentliche Ladestationen gibt. Viele Elektroautos sind Firmenfahrzeuge.
Was ist aus dem Projekt geworden, Elektroautos an Straßenlaternen aufzuladen?
Das haben wir auch in Bremen ausprobiert, aber es ist schwierig. Ein Problem ist, dass in der Beleuchtungsinfrastruktur die Kabelquerschnitte nicht ausreichend sind, um ein Elektro-fahrzeug aufzuladen. Ein weiteres Problem sind die vielen Auflagen, die man erfüllen muss. Es wären erhebliche Investitionen in die Infrastruktur notwendig, wir müssten unter Umständen ganze Straßen neu verkabeln. Ich glaube nicht, dass das Aufladen an Laternen eine nachhaltige Lösung ist.
Müssen Sie nicht auch neue Kabel verlegen, wenn Sie eine Ladesäule aufstellen?
Das ist unterschiedlich. Entscheidend ist die Konfiguration der Kabel, die unter der jeweiligen Straße verlaufen. In der City haben wir relativ wenige Probleme, in Wohnstraßen kann das schon mal der Fall sein.
In welchen Stadtteilen laden die Bremer am ehesten auf?
Die Ladestationen in der Innenstadt werden tendenziell mehr frequentiert. In den Stadtteilen ist es unterschiedlich. In Schwachhausen gibt es zum Beispiel mehr Elektro-fahrzeuge als in anderen Stadtteilen. Denn erstens ist ein Elektroauto nicht ganz billig, zweitens gibt es wenige private Elektrofahrzeuge. Der überwiegende Teil sind Firmenfahrzeuge.
Wie viel investiert SWB in den Aufbau einer Ladestation?
In eine klassische Säule mit zwei Ladepunkten einschließlich Fundament und Anbindung je nach Standort zwischen 12.000 und 15.000 Euro. Für die reine Installation. Dazu kommen noch Betriebskosten etwa für die Wartung und regelmäßige Software-Updates.
Sind die Säulen rentabel?
Nein.
Sie zahlen drauf?
Ja.
Warum stellen Sie trotzdem Ladesäulen auf?
Wir glauben, dass sich das System über einen gewissen Zeitraum nachhaltig entwickeln wird. Außerdem sind Ladestationen Teil der künftigen Infrastruktur. Deshalb wollen wir den Bereich auch strategisch besetzen. Wir sind der Infrastruktur-Dienstleister der Stadt.
Wann rentieren sich Ladesäulen für SWB?
Das hängt vom Volumen der abgefragten Stromleistung ab. Die Bundesregierung hat das Ziel vorgegeben, dass bis zum Jahr 2020 eine Million Elektro-autos in Deutschland fahren sollen. Wir haben das auf Bremen heruntergebrochen und festgestellt, dass bei den aktuellen Preisen an den Ladesäulen das auch dann nicht für uns rentabel wäre. Abgesehen, davon, dass das Ziel der Bundesregierung nicht zu erreichen ist. Es gibt ja die Vorstellung, an der Ladesäule zusätzliche Dienstleistungen anzubieten, um Erlöse zu generieren, etwa durch das Herunterladen von Apps.
Ist das rentabel?
Letztlich muss der Weg sein, die Zahl von Elektrofahrzeugen deutlich zu erhöhen und damit die Zahl der Ladungen, damit ein auskömmlicher Preis herauskommt. Im vergangenen Jahr haben wir von der unentgeltlichen Ladung umgestellt auf eine Flatrate. Der SWB-Kunde kann für 12,50 Euro im Monat beliebig viel Strom laden. Wer nicht Kunde der SWB ist, bekommt die Ladekarte für 25 Euro. Die Karte kann man auch außerhalb Bremens nutzen. Dauerhaft kann man die Ladesäulen nur betreiben, wenn die Preise so sind, dass man damit Geld verdient.
Wie bringt man die Deutschen dazu, dass sie mehr Elektroautos kaufen?
Das ist eine kulturelle Frage. Kann ich mich mit einem Elektrofahrzeug anfreunden. Und es ist eine Frage der Produkte. Es ist auch eine Frage, welches Mobilitätskonzept wir haben wollen. Elektromobilität kann nicht alle Mobilitätsprobleme der Gesellschaft lösen. Wenn ich mich in der Stadt umschaue, sehe ich sehr viel Verkehr, viele Staus und viel Ärger. Das ändert sich nicht allein dadurch, dass ich in einem Elek-tro-Auto sitze statt in einem konventionellen Fahrzeug.
Es gibt keinen Einheitsstecker. Kann ich trotzdem jedes Auto an jeder Station aufladen?
Inzwischen sind fast alle Stationen für alle Fahrzeuge geeignet. Es gibt ja Ladestationen mit verschiedenen Anschlüssen für die jeweiligen Stecker. Das Problem wächst sich aus.Inzwischen steigen auch Bremer Taxifahrer auf ein E-Auto um. Das ist eine gute Entwicklung. Taxifahrer erzählen mir, dass der Verschleiß dieser Fahrzeuge deutlich geringer ist. Die Autos brauchen kein Getriebe, haben weniger Bremsenverschleiß und weniger Reifenverschleiß. Das ist ein wichtiger wirtschaftlicher Vorteil.
Mit wem kooperieren Sie im Lade-Geschäft?
Wir sind ja in den EWE-Konzern eingebunden, und der hat Mobilität als Wachstumsfeld definiert. Wir versuchen schon, so weit es geht, Themen gemeinsam anzugehen.
Wie arbeiten Sie mit der Stadt zusammen?
Wir versuchen, Standorte für öffentliche Ladestationen abzustimmen. Wir kooperieren auch mit Brepark und bauen in den Parkhäusern und auf den Parkplätzen von Brepark die Ladeinfrastruktur auf. In Bremerhaven haben wir Absprachen mit der Stadt und der Parkgesellschaft dort. Auch mit dem Carsharing-Anbieter Cambio arbeiten wir zusammen. Das klappt alles sehr gut. Wir haben auch eine kleine Kooperation mit BSAG und der Wohnungsgesellschaft Gewoba. Wenn heute neue Wohnquartiere geplant werden, dann ist dort auch eine Ladeinfrakstruktur vorgesehen, und BSAG will ja mehr Elektrobusse einsetzen. Dafür braucht sie auf ihrem Betriebsgelände auch die entsprechenden Lademöglichkeiten.