Frage: Herr Ministerpräsident, Sie kommen häufig nach Osterholz-Scharmbeck, dabei wohnt Ihr Chef der Staatskanzlei, unser ehemaliger Landrat Jörg Mielke, doch gar nicht mehr in der Kreisstadt. Was gefällt Ihnen hier so sehr, warum liegt Ihnen Osterholz-Scharmbeck am Herzen?
Stephan Weil: Ich bin wirklich gerne in Osterholz-Scharmbeck und auch sonst immer wieder in allen Landesteilen Niedersachsens unterwegs. Was Osterholz angeht, habe ich dank Jörg Mielke ein fundiertes Hintergrundwissen. Ich bin ganz gut auf dem Laufenden, was hier so passiert, und finde es prima hier.
Härtefallfonds für klamme Gemeinden?
Sie besichtigen den Bau einer neuen Kita an der Bördestraße. Vergangene Woche hat Ihr Koalitionspartner, Herr Althusmann, beim Sommerempfang der Lilienthaler CDU Gemeinden, die die künftigen Kita-Kosten trotz erhöhtem Landeszuschuss nicht stemmen können, Hilfen aus einem Härtefallfonds versprochen. Wann steht das Geld zur Verfügung?
Weil: Darüber sprechen wir jetzt gerade mit den Gemeinden. Es geht im Kern darum, dass bei besonderen Gegebenheiten zusätzliche Gelder aus einem Härtefonds gezahlt werden. In den meisten Fällen müssten die Gemeinden mit den getroffenen Regelungen gut zurecht kommen.
Ihr Kultusminister Herr Tonne war vorvergangene Woche in Osterholz-Scharmbeck, beim SPD-Sommerempfang forderte er mehr Respekt gegenüber der Lehrerschaft. Kommenden Donnerstag erwarten Sie in Hannover GEW-Lehrer zur Demonstration. Wird es mehr Geld und weniger Arbeitsbelastung für Pädagogen geben?
Weil: Was das Geld angeht, gibt es gerade bei den Grundschullehrern eine Diskussion. Nachdem dort die Ausbildung reformiert worden ist, studieren Grundschulpädagogen genauso lange wie angehende Gymnasiallehrer. Nun geht es um die Frage, ob sie ebenso bezahlt werden können. Wir prüfen das gerade seitens der Landesregierung. Es geht um jede Menge Geld, deswegen kann ich Ihnen das Ergebnis jetzt noch nicht sagen. Was die Entlastungen anbelangt, dafür hat unser Kultusminister eine Kommission eingerichtet. Wir erwarten im Herbst Empfehlungen. Ich hoffe, dass wir zu möglichst konkreten Vorschlägen kommen, wie überflüssiger Balast aus dem Schulalltag herausgenommen werden kann und die Lehrer sich stärker auf das konzentrieren können, was sie besonders gut machen: Unterricht.
Was erreicht die SPD in der Großen Koalition?
Ihre Partei hat sich vor neun Monaten in eine Koalition mit der CDU gerettet. Ihr stellvertretender Ministerpräsident nennt das Polizeigesetz und die Gebührenfreistellung für Kitas Punkte, die die CDU ins Regierungsprogramm geschrieben hätte. Was tragen die Sozialdemokraten in der Koalition bei?
Weil: (lacht) Da würde ich bei jedem einzelnen Satz widersprechen. Vor einem Jahr hat die SPD einen tollen Wahlsieg errungen. Wir sind unbestritten die Nummer eins in Niedersachsen. Das ist bei der SPD zurzeit nicht überall in Deutschland der Fall. Das Polizeigesetz, das jetzt im Verfahren ist, das ist keine Erfindung der CDU, sondern es war in großen Teilen schon in der vorigen Legislaturperiode mit den Grünen entwickelt worden. Und: Das Thema der Kita-Gebührenfreiheit, das ist nun wirklich unser Thema im ganzen Wahlkampf gewesen. Also, das ist so, wie im wirklichen Leben, der Sieg hat viele Väter und wir feiern derzeit auf Landesebene eine ganze Reihe von Erfolgen.
Aus Ihrer Partei gibt es die Forderung, dass die Automobilindustrie nach dem Dieselskandal, der ja auch VW betrifft, Hardwarelösungen zur Umrüstung bezahlen soll. Tragen Sie diese Forderung mit?
Weil: Hardwarelösungen sind kein Allheilmittel. Umrüstungen machen Sinn bei Bussen und der kommunalen Fahrzeugflotte. Bei einer Katalysatorlösung für Pkw müssen Autofahrer damit rechnen, anschließend einen deutlich höheren Verbrauch zu haben – das werden viele als keine gute Idee betrachten. Wenn man es richtig macht, müsste man mit einem zusätzlichen Harnsäuretank arbeiten, das aber wäre dann wiederum ziemlich aufwändig. Diese Lösungen müssten im einzelnen erst noch entwickelt werden, für unterschiedliche Motoren und Modifikationen. Lange Rede, kurzer Sinn, ich glaube, wenn man sich auf diesen Weg begibt, würden die Effekte erst in drei Jahren wirksam. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit guten kommunalen Konzepten schneller zum Ziel kommen und die Grenzwerte unterschreiten können. In Niedersachsen bin ich zuversichtlich, dass wir ohne Fahrverbote für Dieselfahrzeuge auskommen, die Entwicklung geht bei den Werten eindeutig in die richtige Richtung.
Übernimmt Weil eine bundespolitische Rolle?
Auf Bundesebene sucht die SPD nach Persönlichkeiten, die die Partei in der Wählergunst wieder nach vorne bringen. Sehen Sie sich dabei gefordert?
Weil: Natürlich, ich engagiere mich sehr für die SPD, Tag für Tag, insbesondere in Niedersachsen, aber gerne auch immer wieder in Berlin. Dort, wo ich an Verantwortung trage, tue ich das auch für die Sozialdemokratie. Ich bin ein überzeugter Sozialdemokrat.