Von Anne-Katrin Wehrmann
Die Digitalisierung erleichtert nicht nur in vielen Bereichen den Alltag, sondern ermöglicht im Internet aktiven Unternehmen auch das Sammeln und kommerzielle Verwerten riesiger Datenmengen.
Immer wichtiger werden Experten, die im Hintergrund ablaufende Prozesse analysieren und kritisch hinterfragen. Sie will das Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) der Uni Bremen künftig ausbilden – in dem neuen Masterstudiengang „Digital Media and Society“, der in dieser Form bundesweit einzigartig ist.
Internetnutzer geben Informationen preis
Diese Erfahrung hat inzwischen wohl jeder schon einmal gemacht: Wer im Internet ein Buch oder eine CD bestellt, bekommt wenig später Empfehlungen für Produkte angezeigt, die vermeintlich ebenfalls von Interesse sein könnten.
Die Nutzung von Onlineplattformen jeglicher Art ist nicht möglich, ohne dabei zugleich auch Informationen über sich selbst preiszugeben. Internet-Provider, Anzeigendienste, Händler, soziale Medien und viele andere erstellen anhand dieser Daten Nutzerprofile und versuchen, sie zu Geld zu machen.
Auswirkungen auf die Gesellschaft
Die fortschreitende Digitalisierung in Verbindung mit dem Sammeln großer Datenmengen hat nicht nur Auswirkungen auf den Einzelnen, sondern auch auf die Gesellschaft als Ganzes. „Das ist einer der Bereiche, die sich derzeit mit am radikalsten verändern“, sagt Professor Andreas Hepp, Sprecher des ZeMKI.
„Und zugleich ist er am radikalsten mit der Veränderung der Gesellschaft verbunden. Ohne digitale Medien würde sie ganz anders funktionieren.“ Für das ZeMKI ist dies Anlass genug gewesen, den neuen Studiengang ins Programm zu nehmen.
Klassische Medien als Datensammler
Ab diesem Wintersemester wird der englischsprachige Masterstudiengang „Digital Media and Society“ Studierenden aus aller Welt vermitteln, wie sich die Rolle von Medien und Kommunikationsmitteln durch die Digitalisierung verändert und was die sogenannte Datafizierung, also das Umwandeln von unterschiedlichsten Vorgängen des Alltags in digitale Daten, an Herausforderungen mit sich bringt.
Nach vier Semestern sollen die Absolventen die Kompetenz erworben haben, sowohl selbst Daten zu analysieren als auch kritisch zu hinterfragen, was mit den gesammelten Informationen letztlich geschieht. Auch die klassischen Medien seien mittlerweile zu Datensammlern geworden, erläutert Hepp.
„Aus der ganzen Welt die besten Bewerber“
„Viele von ihnen agieren transnational, und die Datafizierung als solche kennt erst recht keine Ländergrenzen. Es war darum von Anfang an klar, dass der neue Studiengang international werden soll – zumal uns das die Möglichkeit eröffnet, aus der ganzen Welt die besten Bewerber auszuwählen.“
Dass es einen großen Bedarf für einen solchen Studiengang gibt, der in dieser Form nach Aussage von Hepp in Deutschland einzigartig ist, stand für die Verantwortlichen außer Frage. Dass es aber gleich in der ersten Runde so viele Interessenten geben würde, damit hatten sie dann doch nicht gerechnet.
„Alle Kontinente vertreten“
Trotz einer kurzen Bewerbungsfrist von nur knapp zwei Monaten gingen 148 Bewerbungen auf die 20 Studienplätze ein. „Wir hatten eine im besten Sinne globale Bewerbungslage, es waren alle Kontinente vertreten“, berichtet der ZeMKI-Sprecher.
Voraussetzung für einen positiven Bescheid sei neben einem überdurchschnittlichen Bachelor-Abschluss, Vorwissen in der Medien- und Kommunikationsforschung sowie guten Englischkenntnissen auch ein überzeugendes Motivationsschreiben gewesen: „Wir wollen Leute haben, die richtig in den Studiengang passen und die richtig motiviert sind.“
Interdisziplinär soll es sein
Geboten wird den Studierenden ein interdisziplinäres Programm, das Kommunikations- und Medienwissenschaft mit Medieninformatik, Pädagogik, Religionswissenschaften und Filmwissenschaft vernetzt.
„Dieses Themenfeld lässt sich nur sinnvoll unterrichten, wenn man die Kompetenzen aller Bereiche mit einbezieht, die sich ebenfalls damit beschäftigen“, macht Hepp deutlich. „Es ist viel zu breit und umfassend geworden, um die inhaltliche Auswahl auf einzelne Aspekte zu beschränken.“
Rüstzeug vermitteln
Zugleich unterliege das gesamte Feld von Medien und Kommunikation dynamischen Veränderungen: Das ZeMKI unterrichte daher nicht auf ein konkretes Berufsbild ausgerichtet, sondern vermittle das Rüstzeug, diese dynamischen Prozesse einordnen zu können.
„Weil so viel Bewegung in der Sache ist, wäre alles andere kontraproduktiv“, erläutert Hepp. „Wir bilden hier Querdenker aus.“ Und diesen Querdenkern stehen später unterschiedlichste Karrierewege offen: Sie können in der Forschung ebenso arbeiten wie in klassischen Medien – aber auch Parteien, Verbände, öffentliche Einrichtungen und Wirtschaftsunternehmen haben zunehmenden Bedarf an Fachleuten, die bei der Positionierung im digitalen Zeitalter unterstützend zur Seite stehen.