Weser Report: Herr Stegner, wie wollen Sie die Trendwende in der SPD schaffen? Schon im Mai wählt Bremen eine neue Bürgerschaft.
Ralf Stegner: Die SPD ist gut beraten, sich auf ihre Stärken zu konzentrieren. Wir können am besten den Zusammenhalt im Land bewerkstelligen und sind gleichzeitig weltoffen.
Das ist aber nicht überall so angekommen?
Die SPD muss praxistaugliche Antworten geben und andererseits den Populisten entgegentreten.
Was muss die SPD ändern, um wieder mehr Wähler zu gewinnen?
Wenn man das genau wüsste, würde man die Fehler ja nicht machen. Ich glaube, dass die Themen, die den öffentlichen Diskurs bestimmen, nicht die drängendsten Themen der Menschen sind. Die Bremer sorgen sich nicht um die Islamisierung Bremens, sondern sie fragen sich: Kann ich meine Wohnung noch bezahlen? Reicht die Rente? Was ist mit der Ausbildung meiner Kinder? Was mit meinem Arbeitsplatz? Deshalb müssen wir eine moderne Sozialstaatskonzeption entwickeln.
Wie sieht die aus?
Die Elemente heißen: eine unabhängige Kindergrundsicherung, deutlich steigende Mindestlöhne von zwölf Euro an aufwärts; das Angebot eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatzes für jeden, der arbeiten kann; Hilfe für Familien und gebührenfreie Bildung von der Krippe bis zum Hochschulabschluss oder zum Meisterbrief und einen lebenslangen Anspruch auf Weiterbildung. Und wir müssen eine Sprache sprechen, die die Menschen verstehen, keine Programme mit Spiegelstrichen auf 15 Seiten.
Der Entwurf des Wahlprogramms der Bremer SPD hat 100 Seiten.
Es gibt einen alten Spruch: Wahlprogramme haben mehr Autoren als Leser. Da ist was dran. Aber Bremen ist immer gut gefahren mit einer sozialdemokratischen Regierung …
… und hoch verschuldet.
Die Bremer Politik hat viel für die Bürger getan. Doch es gibt auch Probleme, wie es sie in allen Städten gibt. Aber wir Sozialdemokraten sind die, die den Zusammenhalt organisieren. Die SPD muss wieder zur Partei der Hoffnung werden.
Wie wollen Sie Ihr Sozialstaatskonzept finanzieren?
Die Bürger mit den höchsten Einkommen und Vermögen müssen mehr beitragen. Die SPD wird auch deutlich härter gegen Konzerne vorgehen, die hier ordentlich verdienen, aber kaum Steuern zahlen. Steuergerechtigkeit ist Teil unseres Konzepts.
Ist es nicht Zeit, Steuern zu senken?
Nein, das glaube ich nicht. Wer hat denn was davon? Doch die Höchstverdienenden. Eine Krankenschwester zahlt nicht so viele Steuern, dass Sie die mit einer Senkung erfreuen könnten. Außerdem schaffen wir ja den Soli für die meisten Bürger ab. Und wir brauchen Geld etwa für die Sanierung der Straßen, für die Digitalisierung. Wir können der nächsten Generation keine Investitionswüste hinterlassen.
Ich frage mich, woher Herr Stegner sein Wissen hat, um zu beurteilen was die Bremer bewegt? In Hemelingen bewegt die Bremer eine Halle für Sondermüll, sowie die illegale Verklappung von Hochofenschlacke auf der Zufahrt zum Windpark Hemelingen. In Huchting bewegt die Bremer die Straßenbahnverlängerung. In der Neustadt bewegt die Bremer die Platanenfällung. In der Vahr bewegt die Bremer die Bebauung der Bremer Galopprennbahn. In Huckelriede und Habenhausen bewegt die Bremer das Neubaugebiet Gartenstadt Werdersee. In Osterholz bewegt die Bremer die immer wieder angedrohte Bebauung der Osterholzer Feldmark. Und nicht zuletzt bewegt die Bremer in Tenever das Windrad Bultensee, welches 500m von ihren Häusern errichtet werden soll. Aber vor allem bewegt die Bremer ein grüner Senator, welcher, nachdem er in nahezu allen Stadtteilen Streit mit der Bevölkerung hat, im nächsten Jahr das Weite sucht. Eben dieser Senator sitzt in Deputationssitzungen und fragt lautstark: „Muss man sich denn hier mit jeder Bürgerinitiative beschäftigen?“. Ein Schlag ins Gesicht der Bremer Bürger. Herr Stegner sagt: „Aber wir Sozialdemokraten sind die, die den Zusammenhalt organisieren. Die SPD muss wieder die Partei der Hoffnung werden.“ Wie soll das gehen Herr Stegner? Unsere Bürgerinitiative wurde 14 mal von einem Bremer SPD-Abgeordneten in die Bremische Bürgerschaft eingeladen. Danach war der besagte Abgeordnete nicht mehr für uns zu sprechen. Jegliche Art von Post bleibt gänzlich unbeantwortet, oftmals auch die an den Bürgermeister. Ein Schlag ins Gesicht für uns. Und nun will die Bremer SPD, die in einem desolateren Zustand ist als die Bundes-SPD, auch weiterhin dieser Grünen Partei nachschwänzeln, welche das ganze Chaos in Bremen zu verantworten hat (z.B.: Originalton Abgeordneter Saffe auf einer Veranstaltung in Bremen Osterholz in der letzten Woche (sinngemäß): „Auch wir sind mit dem Windrad Bultensee nicht glücklich.“ Entschuldigung Herr Saffe, ihre Partei hat es durchgesetzt!), weil sie Angst hat, dass sie ansonsten bei der Wahl 05.2019 durch die Roste fällt. Der SPD-Fraktionsvorsitzende sagte mir in diesem Sommer (ebenfalls sinngemäß): „Wir brauchen im nächsten Jahr bei der Wahl die Grünen.“ Um jeden Preis? Ich frage mich, wer regiert eigentlich in Bremen? Eine ehemals starke SPD mit einem grünen Juniorpartner, oder ganz alleine die Grünen? Herr Stegner (Sie sind eigentlich die falsche Adresse, aber in Bremen hört den Bremern niemand von der SPD zu) packen Sie das Übel bei der Wurzel:
– Machen Sie endlich wieder Politik für die arbeitende Bevölkerung!
– Hören Sie den Menschen zu!
– Hören Sie den Bürgerinitiativen zu!
– Geben Sie den Menschen Antworten auf ihre Fragen!
– Beantworten Sie schriftliche Anfragen und lassen Sie diese nicht ins Leere laufen!
– Beweisen Sie Bürgernähe, indem Sie Bürgerinitiativen, die von Ihnen 14 mal eingeladen wurden nicht wie eine heiße Kartoffel fallen lassen!
– Zeigen Sie Bürgernähe durch einen Bürgermeister, der Fragen auch beantwortet, auch wenn diese schriftlich gestellt werden!
– Beweisen Sie Haltung, indem Sie nicht den Grünen nachlaufen, die die SPD durch ihren meistgehassten Senator über 4 Jahre vorgeführt haben!
Herr Stegner…, nur wer eine Haltung hat besitzt auch ein Kreuz!