Baumann gab sich angriffslustig und forderte die Profis auf, ruhig vom Sieg gegen den Rekordmeister zu träumen. Es war nicht die einzige wortreiche Überraschung des 43-Jährigen an diesem Abend in der Werder-Halle an der Hemelinger Straße. Baumann lieferte fast schon so etwas wie eine Liebeserklärung an Trainer Florian Kohfeldt ab.
Der Ex-Profi hatte minutenlang auf dem Podium von der aktuellen Lage bei Werder berichtet, die ganzen Veränderungen in seinem Arbeitsbereich und die Perspektiven des Clubs aufgezeigt – da veränderte er plötzlich seine Stimme. Sie klang nun viel weicher, als er sich direkt an den „wichtigsten Mitarbeiter des Vereins“ wendete, der nur wenige Meter von ihm entfernt saß: „Flo, wie du mit deinem Team um die beiden wichtigen Co-Trainer Thomas Horsch und Tim Borowski dieses erste Jahr gemeistert hast, haben dir in der Öffentlichkeit nur wenige zugetraut. Ich freue mich sehr, dass es inzwischen niemandem mehr gibt, den du nicht von deinen Fähigkeiten überzeugt hast.“
Kohfeldt soll Kontinuität fortsetzen
Was folgte, war noch eine Art Bitte an den Coach: „Ich wünsche mir sehr für diesen Verein, dass du uns noch lange erhalten bleibst.“ Natürlich brandete sofort großer Applaus auf. Aber das eine oder andere Mitglied wird sich vielleicht auch Sorgen gemacht haben. Denn in die Worte Baumanns hatte sich ein Hauch von Abschiedsschmerz gemogelt.
Muss Werder womöglich einen baldigen Verlust des Cheftrainers fürchten? „Nein, überhaupt nicht“, betonte Baumann im Gespräch mit der „DeichStube“. Aber er erinnerte eben auch daran, wie wichtig Kontinuität auf dieser Position sei: „Dann waren wir in der Vergangenheit erfolgreich.“ Baumann selbst hat in seinen guten zweieinhalb Jahren als Sportchef bereits zwei Trainer entlassen (Viktor Skripnik und Alexander Nouri).
„Er lebt diesen Verein“
Dass er vor gut einem Jahr erneut einem U 23-Coach als Nachfolger vertraute, sorgte durchaus für Kritik. Die ist längst verstummt. Kohfeldt hat mit Werder erst die Klasse gesichert und steuert in dieser Saison auf Euro-Kurs. Daran konnte auch die jüngste Sieglos-Serie mit drei Pleiten am Stück und dem Unentschieden in Freiburg nichts ändern.
„Keine Saison verläuft wie aus einem Guss“, meinte Baumann. Er ist natürlich davon überzeigt, dass Werder in die Erfolgsspur zurückkehrt. Auch dank Kohfeldt, der es vom Torwart der dritten Mannschaft über den Job als Jugendtrainer bis in die Bundesliga geschafft hat. Der 36-Jährige sei nicht nur ein absoluter Fachmann, „er lebt diesen Verein“, hob Baumann hervor: „Flo kennt den Verein aus so vielen Perspektiven wie nur wenige Cheftrainer vor ihm. Und er nutzt diese Erfahrung auf beeindruckende Weise für seine Arbeit. Er schwört den Verein auf Höchstleistungen ein.“
Mit Mut und Entschlossenheit
Letzteres ist gerade mit Blick auf die nächsten Aufgaben wichtig. Am Samstag kommen die Bayern. Dann stehen in diesem Jahr noch Düsseldorf sowie die Spitzenteams Dortmund, Hoffenheim und Leipzig auf dem Programm. Da wird dem einen oder anderen Fan vielleicht ein bisschen mulmig. Doch Baumann sieht keinen Grund für Angst.
„Unsere Geschlossenheit bei Werder und in Bremen macht uns so besonders. Im Kampf um Europa sind wir wie dieses kleine gallische Dorf“, sagte der Sportchef – und jeder dachte natürlich sofort an Asterix und Obelix, die aufmüpfigen Gallier. „Und um im Bild zu bleiben“, setzte Baumann fort: „Wenn wir diesen Mut und diese Entschlossenheit demonstrieren, werden wir ab Samstag die römischen Truppen gewaltig ärgern.“
Seit zehn Jahren ohne Bundesligasieg gegen die Bayern
Da klatschten nicht nur die Mitglieder mit leuchtenden Augen, sondern auch die anwesenden Profis. Seit über zehn Jahren wartet Werder nun schon auf einen Bundesliga-Sieg gegen die Bayern. Zwischendurch gab es auch mal gehörig etwas auf die Mütze. Die Sehnsucht nach einem Erfolgserlebnis ist riesengroß.
„Die Fans dürfen träumen“, meinte Baumann später am Abend – und bezog Max Kruse und Co. gleich mit ein: „Auch die Spieler dürfen diese Geschichte vor Augen haben und in den nächsten Tagen davon träumen. Denn es ist wichtig, daran zu glauben.“ Noch wichtiger sei es allerdings, „hart dafür zu arbeiten und am Samstag alles dafür reinzuhauen“. Werder werde in jedem Fall – und das war noch einmal ein verstecktes Lob für Kohfeldt – „einen guten Plan haben“, versicherte Baumann und fügte noch schmunzelnd an: „Ob wir auch einen Zaubertrank haben, das weiß ich nicht.“