Tali da Silva kennt in seinem Alltag kaum Abwechslung – er ist einer von rund 480 Insassen in der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen. Nun hat er jedoch eine neue Beschäftigung gefunden: Seit einigen Wochen lernt er, als Schiedsrichter Fußballspiele zu leiten. Es handelt sich dabei um ein einzigartiges Projekt des Bremer Fußball-Verbandes (BFV), der JVA Bremen und den Bremer Senatoren für Justiz und Sport.
Insgesamt zehn Insassen der JVA nehmen an dem seit November laufendem Lehrgang teil. Projektleiter Adrian Gajewski ist guter Dinge, dass auch alle die Prüfung bestehen werden. „Wir haben eine sehr unterschiedliche Truppe – aber alle arbeiten gut zusammen und sind hochmotiviert“, sagt er. Der jüngste Teilnehmer ist erst 18 Jahre alt, der älteste fast 40.
Häftlinge spielen gegen Pastoren
Bereits 2013 hatte Gajewski das Projekt zum ersten Mal betreut. „Es stellt eine echte Resozialisierungsmöglichkeit für die Teilnehmer dar“, findet er. Von Anfang an sei die Nachfrage groß gewesen, am Ende habe er zehn geeignete Teilnehmer zusammengestellt.
Eine erste Gelegenheit, hinter Gittern zu pfeifen, hatten die Insassen bereits gestern. Zu Gast im Gefängnis waren zwei Mannschaften vom Projekt „Lighthouse“ der Bremischen Evangelischen Kirche. In einem kleinen Hallenturnier traten dabei Pastoren gegen Häftlinge auf dem Feld gegeneinander an. Dass dabei alles regelkonform ablief, war vor allem der Verdienst der Schiri-Insassen.
Die Prüfungen stehen an
Auffällig war: Sobald es auf dem Feld mal etwas lauter wurde, schritten sie sofort ein und unterbanden aufkommende Streitigkeiten. Nach diesem ersten praktischen Einsatz steht noch eine weitere Theoriestunde an, bevor die Häftlinge dann in der nächsten Woche eine schriftliche Prüfung absolvieren.
Für Tali da Siva ist der Job an der Pfeife ein völlig neues Gefühl. „Als Schiri muss man lernen, Konflikte zu unterbinden. Das ist eine echte Schulung für den Charakter“, sagt er. Der Lehrgang sei zwar schwierig, aber trotzdem machbar, glaubt er. „Ich denke, dass wir alle die Prüfung schaffen können“, sagt da Silva.
Eine Option für die Zukunft
Die Anforderungen seien zwar hart – wer sich anstrengt und ein bisschen fußballbegeistert ist, könne es aber schaffen. Ob er sich vorstellen kann, nach seiner Zeit hinter Gittern eine Schiedsrichter-Karriere zu beginnen? „Ich kann es mir gut vorstellen. Aber wir müssen sehen, wie es kommt“, sagt er.