Weser Report: Herr Meyer-Heder, wie sehr sind Sie schon Politiker?
Carsten Meyer-Heder: Ich bin 58 Jahre alt und werde mich nicht umdrehen. Einige Sachen habe ich jetzt gelernt, das gehört dazu. Aber ich versuche, authentisch zu bleiben. Bisher gelingt mir das.
Was haben Sie dazu gelernt?
Natürlich viele sachliche Dinge, aber auch, wie schnell ein Kalender mit Terminen vollläuft. Auch die Bekanntheit hat sich geändert: Neulich war ich abends zum Tanzen im „Fritz“, da wird man jetzt anders angeschaut als vor einem Jahr. Erschrocken bin ich über einige zynische und hasserfüllte Beiträge auf Facebook. Aber das sind Ausnahmen. Sonst bin ich bisher nie angefeindet worden. Aber wenn einer mein Plakat im Viertel zerstört, nehme ich das persönlich, weil ich denke, ich komme ja von hier.
Sie haben ein Programm für die ersten 100 Tage Ihrer Amtszeit als Bürgermeister angekündigt. Wann kommt das?
Im Mai, der genau Termin steht noch nicht fest.
Welchen Senatorenposten will die CDU bei einem Sieg auf jeden Fall selbst besetzen?
Das hängt ja auch vom Wahlergebnis ab. Aber wir würden gerne das Bildungsressort übernehmen. Bildung ist das Riesenthema und seit 73 Jahren in der Hand der SPD. Da kann Bremen mehr erreichen.
Die SPD will mehr Erzieher und Lehrer einstellen, mehr Kita-Plätze anbieten. Was wollen Sie anders machen?
Es gibt ja durchaus Ziele, die wir gemeinsam haben. Mein Ehrgeiz ist es aber, diese auch endlich mal umzusetzen. Die Beitragsfreiheit bei Kitas hat die SPD ja von uns abgeguckt. Wir wollen das dritte Kita-Jahr verpflichtend machen, damit die Kinder noch vor der Einschulung individuell gefördert werden und mit gleichen Chancen in die erste Klasse kommen. Wir wollen den Unterricht messbar verbessern und die Ganztagsschulen verlässlich ausbauen. Man sollte auch wieder über Noten ab der dritten Klasse nachdenken. Es darf keine automatische Durchlässigkeit von der Grundschule in die weiterführende Schule geben.
Also wieder das Sitzenbleiben einführen?
Es hilft niemandem, wenn wir Kinder in die fünfte Klasse weiterschicken, die nicht vernünftig rechnen, lesen und schreiben können. Diese Kinder müssen gezielt gefördert werden.
Die Menschen treibt noch ein anderes Thema um: bezahlbares Wohnen. Wie wollen Sie das schaffen?
Enteignungen lehnen wir ab, damit schafft man keine einzige neue Wohnung mehr. Und entgegen manchen Gerüchten finden wir die Gewoba gut. Dieses Unternehmen soll unbedingt in städtischer Hand bleiben. Zusammen mit der Gewoba müssen wir die richtigen Wohnungsangebote entwickeln. Es geht ja nicht nur um den Bau von Sozialwohnungen. Wir wollen auch für eine bauträgerfreie Vergabe von Grundstücken kämpfen – für den Mittelstand. Eltern, Mitte 30, zwei Kinder, brauchen keine Sozialwohnung und keine teure Eigentumswohnung, sondern vielleicht ein Einfamilienhaus. Dafür ziehen viele nach Niedersachsen.
Warum lehnt die CDU dann die Bebauung der Rennbahn ab?
Wir sind gegen das Verfahren, mit dem Rot-Grün von oben herab gegen die Bedenken der Menschen vor Ort voreilig Tatsachen schaffen wollte.
Sind Sie für eine Bebauung?
Eine Mischung aus Grünfläche, Erholungsgebiet und Wohnen wäre auch mit der Bürgerinitiative möglich gewesen.
Auch in der City sollen mehr Wohnungen entstehen. Der Entwurf von Daniel Libeskind für das Sparkassen-Areal sieht auch Wohnungen vor. Was halten Sie von dem Projekt?
Ein cooler Entwurf. Ich finde es gut, architektonisch ein Zeichen zu setzen. Inwiefern das eins zu eins wirtschaftlich gebaut werden kann und wie die Verkehrsführung aussehen kann, ist offen.
Auf einigen Ihrer Wahlplakate steht auch: klar Birne. Als Birne wurde Helmut Kohl in seinen ersten Jahren als Bundeskanzler verspottet.
Darüber haben wir im Vorfeld diskutiert, haben aber gesagt: Das machen wir jetzt. Ich habe nun mal eine markante Birne.
Sie schließen eine große Koalition nicht aus – auch als Senator unter einem Bürgermeister Carsten Sieling?
Demokratische Parteien müssen Koalitionen bilden können. Ich schließe nur die Linke und die AfD aus.
Und falls Sie die Bürgerschaftswahl verlieren, gehen Sie in die Opposition?
Wenn wir ein vernünftiges Ergebnis bekommen, bleibe ich in der Politik. Fallen wir unter 20 Prozent, gehe ich.
Frischluft pur!
Martin Korol, z.Zt. Malta