Die SPD-Politikerin Eva Quante-Brandt ist seit 2015 Gesundheitssenatorin. Im neuen Klinikum Mitte ließ sie alles für eine elektronische Patientenakte am Bett vorbereiten. Foto: Schlie Die SPD-Politikerin Eva Quante-Brandt ist seit 2015 Gesundheitssenatorin. Im neuen Klinikum Mitte ließ sie alles für eine elektronische Patientenakte am Bett vorbereiten. Foto: Schlie
Interview

Quante-Brandt: „Lotsen sollen Patienten helfen“

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Eva Quante-Brandt, die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz, spricht im Interview mit dem Weser Report über die Geno, das Klinikum Mitte und Ärzte in der Stadt.

Weser Report: Frau Quante-Brandt, was haben die Bremer vom neuen 360 Millionen Euro teuren Klinikum Mitte, in das am kommenden Mittwoch die ersten Patienten, Pfleger und Ärzte einziehen?

Eva Quante-Brandt: Mit dem neuen Klinikum Mitte haben wir im Land Bremen einen medizinischen Maximalversorger auf dem neuesten Standard, mit modernster Medizintechnik, wunderbaren Räumen und kurzen Wegen. Es kann optimal die Benutzung der Räume steuern, die man braucht für Operationen, zum Aufwachen aus der Narkose und für die Versorgung der Patienten. Und es sind alle Voraussetzungen geschaffen für eine Digitalisierung von der elektronischen Krankenakte bis zur elektronischen Patientenakte am Bett.

Liegt inzwischen eine Betriebsgenehmigung für das Klinikum vor?

Es ziehen nicht alle Abteilungen auf einmal um, sondern nach und nach. Für die erste Phase des Einzugs werden alle Genehmigungen vor dem 15. Mai erteilt.

Seit Januar schreibt ein Bundesgesetz vor, wie viele Pflegekräfte ein Krankenhaus pro Patient mindestens beschäftigen muss. Wie schafft das die Geno-Gruppe, zu der das Klinikum Mitte gehört?

Die Geno braucht wie andere Krankenhäuser bundesweit auch mehr Personal für die Pflege und die ärztliche Versorgung. Mit dem neuen Gesetz ist die untere Grenze gezogen. Seit Januar richten sich die Krankenhäuser darauf ein. Am 15. April mussten die Daten für das erste Quartal gemeldet werden. Die Frist wurde eingehalten. Die Geno erfüllt die Personaluntergrenze bereits zu 95 Prozent. Am 1. April wurde das System scharf gestellt. Wer jetzt weniger Personal einsetzt als vorgeschrieben, dem droht ein Abzug von Geld. Es reicht aber nicht, eine Untergrenze einzuziehen. Wir müssen auch fragen: Wie viele Pflegekräfte brauchen wir für eine optimale Versorgung? Viele Pflegekräfte ziehen sich nach einiger Zeit zurück, weil die Arbeitsbelastung zu hoch ist und sie für ihre Patienten zu wenig Zeit haben.

Woran liegt das?

Die Patienten bleiben kürzer im Krankenhaus als früher, was gut ist. Aber dadurch bekommen die Pflegekräfte nur noch einen Ausschnitt der Genesung ihrer Patienten mit. Das ist eine neue Herausforderung. Denn wenn ein Patient das Krankenhaus gesund verlässt, motiviert das ja auch die Pflegekräfte. Da ist die gesamte Gesellschaft gefragt: Ist sie bereit, für eine optimale Pflege zu zahlen?

Was ändert sich abgesehen vom Umzug des Klinikums noch in der Geno-Gruppe?

Die Geno hat den Auftrag, sich weiter zu konsolidieren. Sie muss ein gutes Management zwischen der Geno-Geschäftsführung und den einzelnen Geno-Kliniken organisieren. Dazu wurde ein ausführliches Organisationskonzept vom Aufsichtsrat beschlossen. Und es geht darum, welche medizinischen Schwerpunkte in den jeweiligen Kliniken gesetzt werden. Was passt fachlich am besten wohin?

Wann schreibt die Geno endlich schwarze Zahlen?

Das ist das Ziel, daran muss sie arbeiten.

In einigen Stadtteilen beschweren sich die Bürger darüber, dass es zu wenig Arztpraxen gibt.

Darüber haben wir einen regen Austausch mit der Kassenärztlichen Vereinigung. Wenn man ganz Bremen und ganz Bremerhaven betrachtet, ist die ärztliche Versorgung insgesamt sehr gut. Betrachtet man einzelne Stadtteile, ist die Verteilung von Arztpraxen nicht so optimal. Die Frage ist also, wie kleinteilig muss das Gebiet sein, in dem genügend Arztpraxen vorhanden sein sollen? Bisher haben wir im Land Bremen nur zwei Regionen: Bremen und Bremerhaven. Wir wollen jetzt erst einmal wissen, wann und wo welche Ärzte ausscheiden, damit wir einen Überblick über den Wandel in den Stadtteilen bekommen.

Das alleine reicht aber nicht.

Unter den Ärzten ist die Bereitschaft, sich mit einer eigenen Praxis niederzulassen, nicht mehr so groß. Wir werden dazu kommen, dass immer mehr Ärzte gemeinsam in einer Praxis arbeiten. Auch der Wunsch, als angestellter Arzt mit geregelten Zeiten zu arbeiten, nimmt enorm zu. Andererseits haben wir Stadtteile, in denen Menschen leben, die eine hohe ärztliche Versorgung benötigen, aber neben dem Arzt praktisch auch einen Lotsen für ihre Genesung brauchen. Er soll den Arzt entlasten, indem er diese Patienten begleitet, einfache Fragen beantwortet und darauf achtet, dass der Behandlungsplan eingehalten wird. Dann bekommen wir auch wieder mehr Ärzte in weniger bevorzugte Stadtteile. In Hamburg-Billstedt gibt es solch ein Modell schon.

Wer bezahlt das?

Wir werben dafür, dass die Krankenkassen einen Teil dieser Kosten übernehmen, weil die Patienten mit diesem Modell schneller gesund werden und die Kassen so Geld sparen.

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