Es ist heiß, und die Sonne lockt nach draußen.
Ein Tag am Badesee oder im Freibad klingt verlockender als die stickige Luft im Klassenzimmer und Mathe-, Deutsch- oder Englischunterricht mit Lehrern, denen es möglicherweise ähnlich geht. Schnell wird da die Entscheidung getroffen.
Aus einer Laune heraus oder durch den pubertären Versuch, seine Grenzen auszutesten, bleiben Schüler dem Unterricht fern.
Im Kopf malt sich schnell das Bild eines trotzigen Rebellen, der Lehrern und Eltern auf der Nase herumtanzt und keinen Wert auf Schule legt.
So einfach ist es meist aber nicht.
Der Schein trügt
Im Landkreis wurden in diesem Jahr bislang 172 Einzelfälle gemeldet. Vor den Ferien wird sich die Zahl erfahrungsmäßig noch erhöhen.
Im Schuljahr 2016/2017 waren es 191 und 2017/2018 lag die Zahl bei 183.
Im Jahr 2017 führte das Ordnungsamt 500 Verfahren gegen Schulverweigerer.
Fehlzeiten sind ein Hilferuf
„Sie schreien durch ihr Verhalten oftmals nach Hilfe“, sagt Martin Blömer von der Koordinierungsstelle Schulverweigerung des Landkreises Verden und räumt mit Klischees auf.
„Dass Kinder und Jugendliche mutwillig etwas falsch machen, ist die absolute Ausnahme“, sagt Blömer.
Er und seine Kollegen versuchen, den Schülern dabei zu helfen, ihre Probleme und Ängste zu überwinden, die sie vom regulären Schulalltag fernhalten.
„Wir gehen davon aus, dass Schulschwänzen immer einen Grund hat“, sagt Insa Sanders, Gruppenleiterin der Abteilung, unter die auch die Schulverweigerer fallen.
Schwänzen hat einen ernsten Grund
Einige Gründe haben es dabei in sich: Manche Schüler leiden unter Lethargie und schaffen es einfach nicht rechtzeitig zur Schule;
andere leiden unter Schwellenängsten und schaffen buchstäblich den Schritt in die Schulräume nicht.
Wiederum andere haben familiäre Probleme, die sie nicht bewältigen können oder leiden unter Versagensängsten oder sogar Mobbing.
Vor den Sommerferien ist mit wachsenden Fehlzeiten zu rechnen, da für viele Schüler vor Schuljahresende langsam die Perspektiven schwinden.
„Viele denken sich, das schaffe ich eh nicht mehr“, sagt Sanders.
Koordinierungsstelle bietet Unterstützung
Bei all diesen Fällen unterstützt die Koordinierungsstelle.
In Gesprächen stellt sich heraus, ob die Verweigerer eine simple Weckhilfe oder sogar psychologische Hilfe brauchen.
Die Angebote sind weit gefächert: Blömer begleitet einzelne Schüler zum Beispiel bis in die Klasse und hält sich dort in seltenen Fällen bis zu zwei Stunden auf.
Es gibt Freitagstreffen, wo die Schüler gemeinsam wieder positive Gruppenerfahrungen sammeln können, um den Wiedereinstieg in die Schule zu wagen.
Außerdem helfen Blömer und seine Kollegen bei den Hausaufgaben oder der Aufarbeitung der Wissenslücken.
„Es gibt Fälle, da muss man aufpassen, dass sie bei der Stange bleiben“, sagt Martin Blömer.
Für den Job sei vor allem viel Empathie nötig: „Man darf die Jugendlichen nicht als Nummer bearbeiten, sondern als Individuen“, sagt Blömer. Man müsse das Vertrauen zu den Schülern aufbauen.
Schnäppchen durch Schwänzen
Fälle über Eltern, die ihre Kinder vor den Ferien mutwillig aus dem Unterricht holten, um sich günstige Urlaubsangebote zu sichern, seien zumindest im Landkreis sehr selten.
Das Ordnungsamt bestraft Eltern mit 100 bis 120 Euro.
Eltern decken ihre Kinder
Dennoch spielen häufig auch die Erziehungsberechtigen eine Rolle beim regelmäßigen Schwänzen. „Es gibt auch viele Eltern, die das decken, weil sie ihr Kind ‚schützen‘ wollen.
Das ist dann eine von den Eltern legitimierte Art der Schulverweigerung“, erklärt Insa Sanders.
Den Kopf nicht hängen lassen
Schülern, die auf ihren Zeugnissen bereits einige Fehlstunden zu verzeichnen haben, raten die Experten vor allem eines: den Kopf nicht hängen lassen und positiv nach vorne schauen. Die Jugendlichen sollten mit potenziellen Arbeitgebern offen darüber sprechen. Ausradieren lassen sich die Fehlstunden nämlich nicht.
Kein Pardon mit faulen Ausreden
Schule schwänzen wird von Frauen getragen, so der Weser-Kurier im Bezug auf die FFF-Demos. Schwänzerinnen und ihren Eltern kann man nicht genug Ärger bereiten.