Besonders gut stehen die Chancen zwar nicht, den drohenden Abriss des ehemaligen Medienhauses an der Schwachhauser Heerstraße noch zu verhindern. Doch davon will sich die Bürgerinitative zum Erhalt der 1911 erbauten Villa nicht beirren lassen.
Mit einer Protestaktion vor dem Gebäude machte die Gruppe am Montag erneut auf ihr Anliegen aufmerksam und fand bei Anwohnern und Passanten guten Zuspruch.
Aspekte nicht berücksichtigt
„Die Entscheidung des Denkmalamtes, das Haus nicht unter Schutz zu stellen, war falsch“, meint André Scharmer, einer der Sprecher der Bürgerinitiative. Wesentliche Aspekte für die Erhaltung der Villa seien seinerzeit nicht berücksichtigt worden, begründet er.
Etwa den kunsthistorischen Aspekt: „Es gibt kein besseres Exempel für den Palladianismus um 1900 als das Bremer Medienhaus“, zitiert Scharmer aus dem Buch des Kunsthistorikers Volker Plagemann.
Vom Chefarzt erbaut
Auch der historische Aspekt sei bei der Beurteilung im Jahr 2014 zu kurz gekommen. Schließlich sei die Villa ein historisches Gebäude für Bremen, weil sie für den Chirurgen Prof. Dr. Gross erbaut worden sei.
Dieser habe als Chefarzt am Krankenhaus St.-Joseph-Stift eine wichtige Rolle gespielt und sei mit seiner chirurgischen Arbeit über Bremens Grenzen hinaus von Bedeutung gewesen.
Kriterien jetzt anders
Als drittes führt die Bürgerinitiative schließlich noch einen städtebaulichen Aspekt an, der 2014 noch keine Rolle gespielt habe, 2018 aber in den Kriterienkatalog für den Denkmalschutz aufgenommen worden sei.
„Die Villa ist ein wichtiger Teil des Stadtbildes in Schwachhausen“, erklärt Scharmer. Leider seien in den vergangenen Jahren einige der kunsthistorischen Villen im Stadtteil verschwunden. „Wir halten es für wichtig, dass sie erhalten bleiben“, sagt er und stützt sich insbesondere auf Aussagen von Eberhard Syring.
Der Architekturprofessor von der Hochschule Bremen hatte in einem Zeitungsbeitrag den baukulturellen Verlust in der Hansestadt beklagt.
Aufschub angeregt
Rein rechtlich ist der Abriss aktuell nicht zu stoppen. Die Bürgerinitiative regt darum einen Aufschub an und sammelt Unterschriften für den Erhalt. Rund 1.300 habe man bereits, erklärte Scharmer am Montag. Während der Protestaktion kamen augenscheinlich noch einige dazu.
Eigentümer der Villa ist ein Architekt: Thorsten Italiano. Er zeigte sich vom Protest der Anwohner wenig beeindruckt. „Es gibt keine Alternative zum Abriss“, sagte er auf Nachfrage. Das Haus sei bereits vollständig entkernt.
Eigentümer setzt auf Abriss
„Wir haben das Gebäude mit Baurecht angekauft, um dort Wohnungen zu bauen“, erinnerte Italiano. Dafür habe man einen Millionenbetrag bezahlt. Ein Erhalt sei wirtschaftlich nicht in Betracht zu ziehen.
Das habe man erst in der vergangenen Woche erneut untersucht. Wenn sich jedoch ein Interessent fände, der bereit sei, ebenfalls einen Millionenbetrag zu zahlen, um das Gebäude zu erhalten, dann sei man möglicherweise bereit, auf das Projekt zu verzichten.
Genau das wünschen sich Scharmer und seine Mitstreiter. Sein Vorschlag: Die Stadt solle dem Investor an anderer Stelle ein Grundstück für sein Vorhaben zur Verfügung stellen. Im alten Medienhaus könne stattdessen ein Stadtteilzentrum entstehen, dass in Schwachhausen ohnehin fehle.
Schwachhausen hat Glück, dass es nicht das St.-Joseph-Stift selbst trifft.
Nicht nur das nach dem Um- und Anbaumaßnahmen am St.-Joseph-Stift und der Caritas das Stadtteilbild und das historische Gebäudeensemble zwischen Schwachhauser-Heer- und Georg-Gröning-Straße verschandelt worden ist. Die Ausstattung des Hauses lässt sehr zu wünschen übrig. In den alten, keinen nationalen Vergleichen standhaltenden Betten, hat sich schon mancher Patient einen „Rückenschaden“ gelegen. Nicht einmal einen Computer- und Fernsehbildschirm, wie sie zur Standardausstattung anderer Häuser außerhalb Bremens gehören, hat man da am Bett. Teilweise liegt man ich Drei- und Mehrbettzimmern und nicht einmal alle haben eine eigene Dusche und Toilette. Die Räumlichkeiten, wie das Besucher-, Patienten- und Mitarbeiterkaffee in der ersten Etage des alten Gebäudes, siechen im Charme längst vergangener Zeiten dahin.
Bei Gebäuden, die historischen Wert haben aber mit einer Klinikgeschichte verbunden sind, war der Bremer Senat schon während der achtziger Jahre nicht Zimperlich. Im benachbarten Findorff, dem traditionellen Eisenbahner- und Versorgerstadtteil für Schwachhausen, in der Zeit seiner Erbauung auch „Hannoversches Dorf“ genannt, wurde das ehemalige KZ Missler-Gebäude und Diakonissenmutterhaus, das später dem Stadtteil Findorff als Stadtteilklinik diente, an dem auch der Hafenarzt stationiert war, abgerissen.
Vier Jahre zuvor wurden noch die alten Fenster ersetzt und dafür bauliche Veränderungen an der Fassade vorgenommen, um dem damals gerade auflebenden Denkmalschutzgedanken zu entgehen und die damals für städtische Baumaßnahmen schon zu überproportional gut ausgestatteten Haushaltstöpfe rechtzeitig zu leeren. Alle Stationen wurden mit Feuerschutzeinrichtungen und breiteren Türen für Patientenzimmer ausgestattet. Außerdem wurden an jedes Patientenbett die notwendigen Anschlüsse unter anderem für die Sauerstoffversorgung aus der Wand gelegt. Die Immobilie wurde wegen der Änderungen an der Fassade nicht dem Denkmalschutz unterstellt sondern fiel dem Abrisshammer zum Opfer.
Um Personalkosten zu sparen und die medizinische Versorgung angeblich optimieren zu können wurde ein Gedenk- und Klinikstandort dem Erdboden gleich gemacht, damit Senioren, die als Bremer wohl auch von der schrecklichen Geschichte wussten, die mit den als Missler-Auswandererhallen gegründeten Gebäude später einherging, dort ihren Lebensabend beschließen können. Eine kleine Gedenktafel aus einem Stück der Mauer des ehemaligen KZ in der Walsroder Straße, gegenüber der Haus-Nummern 8 – 14, wurde als Mahnmal übrig gelassen. Seitdem erst kamen Menschen, die vor der neu geschaffenen Gedenktafel inne hielten in die Walsroder Straße, die sich, als das Gebäude selbst noch stand, nie haben blicken lassen, um ihrer verlorenen Angehörigen zu gedenken. So Beobachtungen von Zeitzeugen aus der Walsroder Straße Nr. 8, die über zwei Generationen, einerseits als Kind den Krieg, und auf der anderen Seite die Nachkriegsgeschichte miterlebten. Und die, als Krankenhausinsider-Familie über zwei Generationen in Bremen.
Einer der Stationsärzte von damals, mag noch heute, als Rentner, nicht seine langjährige Hauszugehörigkeit in seiner Künstler-Vita erwähnen. Für den ist Arsten aber auch noch ein Dorf, in dem er angeblich Landarzt war. Die Verklärungs- und Verdrängungstaktiken Angehöriger der Kriegsgenerationen in Bremen, trieben und treiben Stilblüten, wie beispielsweise Kinderarbeit, die von Stationsärzten und Personalräten als Stationspfleger in den Siebzigern mitgetragen worden ist und deren Verantwortliche hierfür auch heute noch zu kritisieren und zu verfolgen sind.
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