Wer bei Bibliothek nur an Bücher denkt, wird in der Stadtbibliothek Bremen, Am Wall, schon lange eines Besseren belehrt. Neueste Errungenschaft ist ein interaktiver Lern- und Begegnungsraum im zweiten Obergeschoss. Die Bremer Digital-Künstler Urbanscreen haben eine Projektionsfläche (Tagscreen) geschaffen die sich Besucher durch den Einsatz von Tablet-Computern aneignen und nach eigenen Vorstellungen gestalten können.
Ziel des Projektes ist es, einen niedrigschwelligen Zugang zur Nutzung neuer digitaler Medien zu schaffen. „Es geht darum, sich digitale Kompetenzen anzueignen und Berührungsängste zu überwinden“, sagte Lucia Werder, stellvertretende Direktorin der Stadtbibliothek bei der Eröffnung.
Die Künstler von Urbanscreen bauten dazu eine flache Skulptur in den Raum, die ein wenig an das Auge im Vorspann der James-Bond-Filme erinnert. Diese Skulptur dient nun als Projektionsfläche.
Leinwand soll digitale und analoge Welt verbinden
Die interaktive Leinwand, „Tagscreen“ genannt, soll dabei Virtualität und Realität miteinander verbinden. Mit der Animationssoftware „Tagtool“ können analoge Prozesse, etwa das Zeichnen mit der Hand oder einem Stift auf einer Tablet-Oberfläche auf der Projektionsfläche in Echtzeit virtuell dargestellt werden.
Bis zu vier Personen können gleichzeitig ein gemeinsames Werk auf der Leinwand kreieren. Die Software ermöglicht dabei nicht nur statische Bilder, sondern auch animierte Figuren und sogar ganze Videos. Diese Filme können sogar aufgezeichnet, konserviert und von ihren Schöpfern auf einem Datenträger mitgenommen werden. Eine Übertragung ins Internet ist derzeit nicht möglich.
Buntes Chaos beim ersten Test
Beim ersten Test herrschte schnell ein buntes Chaos auf der Projektionsfläche. „Eine Erfahrung aus Köln ist, dass die Nutzer schnell lernen sich abzusprechen“, versicherte Max Goergen, der für die künstlerische Gestaltung verantwortlich war. In Köln hat Urbanscreen bereits ein ähnliche Projekt realisiert.
Ein konkretes Nutzungskonzept für den interaktiven Lern- und Begegnungsraum gibt es noch nicht. „Lasst uns Erfahrungen sammeln“, appellierte Goergen.
Formate für Tagscreen erst noch entwickeln
Perspektivisch ist daran gedacht, zielgruppenspezifische Formate zu entwickeln und Workshops für kleine Gruppen anzubieten. Denn auch das zeigte sich beim ersten Versuch: Viele Funktionen sind zwar intuitiv zu erlernen, dennoch benötigten die Probanden eine Anleitung, um besser durch die vielfältigen Möglichkeiten der Software zu finden.
Der Raum soll auch den Partnern der Stadtbibliothek aus dem Bremer Medienkompetenz-Netzwerk für eigene Veranstaltungsformate zur Verfügung gestellt werden.
In der Zeit außerhalb der Workshops steht die Wand allen Besuchern offen. Tablets können am iPad-Automaten in der Bibliothek entliehen werden.
Die Entwicklung des interaktiven Lern- und Begegnungsraums in der Stadtbibliothek wurde durch den Senator für Kultur und durch den Senator für Finanzen (Verstärkungsmittel) gefördert.