Gut für die Handwerker, schlecht für ihre Kunden: Jeder dritte Handwerksbetrieb in Bremen meldet einen Anstieg der Aufträge. 17 Prozent erwarten, dass es künftig noch mehr werden. Umso länger müssen die Kunden warten. Elf Wochen braucht ein Handwerker derzeit im Schnitt, um einen Auftrag zu erledigen, im Frühjahr schaffte er das in zehn Wochen.
„Auf den Dachdecker müssen Kunden schon mal ein halbes Jahr warten“, sagt Andreas Meyer, Hauptgeschäftsführer der Bremer Handwerkskammer.
Insgesamt verliert die Wirtschaft in Deutschland zwar an Dynamik. Ob und wie sich die Flaute auf die Handwerker auswirke, könne man noch nicht sagen, meint Kammerpräses Thomas Kurzke. „In der Regel trifft die Eintrübung der Konjunktur das Handwerk später.“
Geschäftslage wird als gut bewertet
Noch glänzt das Bremer Handwerk. „Die Konjunktur ist robust, die Auslastung sehr zufriedenstellend“, freut sich Kurzke. 35 Prozent der Betriebe bewerten ihre Geschäftslage mit „gut“, 53 Prozent mit „befriedigend“. Das zeigt die jüngste Konjunkturumfrage der Kammer. Die künftige Geschäftslage schätzen immerhin noch 25 Prozent mit „gut“ ein und 67 mit „befriedend“. Nur 9 Prozent der Betriebe befürchten eine „schlechte“ Geschäftslage.
Auswirkung: Die Preise im Handwerk steigen
Das wirkt sich auch auf Preise und Beschäftigung aus. 17 Prozent der Betriebe verlangen schon mehr Geld, 15 Prozent wollen künftig mehr einfordern. Fast 80 Prozent der Betriebe wollen ihre Mitarbeiter halten, nur 7 Prozent denken über einen Stellenabbau nach.
Auch die Zahl der Auszubildenden ist gestiegen. 1.096 haben in diesem Jahr ihre Lehre begonnen, drei Prozent mehr als 2018.
Studium wird von jungen Menschen bevorzugt
Und die Meister würden noch mehr Schulabgänger einstellen, wenn sie welche fänden. Es ist nicht nur der „Akademisierungswahn“, den Meyer beklagt. „In Bremen ist er besonders ausgeprägt“, sagt der Hauptgeschäftsführer. Statt einer Lehre fingen die jungen Menschen eher ein Studium an.
Einige Schulabgänger wiesen aber so große Bildungslücken auf, dass die Betriebe eine Nachhilfe organisieren müssten, sagt Kfz-Ausbilder und Kammervorstand Basam Khan. „Früher haben wir die Auszubildenden kurz vor der Prüfung noch mal extra geschult, jetzt beginnen wir mit der Nachhilfe schon im ersten Ausbildungsjahr.“ Das treibe auch die Ausbildungskosten hoch.
Arbeiten, weil der Nachfolger fehlt
Nicht nur an Auszubildenden mangelt es. Es gebe weniger Handwerker als früher, die einen Betrieb übernehmen und sich selbstständig machen möchten, stellt Meyer fest. „In Bremen sind 26 Prozent der Betriebsinhaber über 55 Jahr alt, 8 Prozent sind sogar älter als 65 Jahre.“ Viele von ihnen arbeiteten nur noch, weil sie keinen Nachfolger fänden.
Meyer verweist auf Niedersachsen. Das Land zahlt Gründern eine Prämie von 10.000 Euro. „Da überlegt sich mancher Handwerker, ob er einen Betrieb in Bremen eröffnet oder lieber ins Umland geht.“
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