Das klingt zunächst gut, in der Praxis sieht der gute Vorsatz aber gar nicht so rosig aus. Im Gegenteil. „Das ist ein wirkliches Dilemma zwischen vermuteter Steuerunehrlichkeit und Umweltschutz, zwischen Bürokratiewahnsinn und Wachstumsbremsen“, sagt Thomas Stockinger. Der Geschäftsleiter und Prokurist der Bäckerei und Konditorei Meyer Mönchhof glaubt nicht, dass auch nur einer der größeren Player seiner Branche bisher vorsätzlich steuerschädlich kassieren lassen hat.
„Was keiner mit Gewissheit sagen kann, ist, ob nicht der eine oder andere Mitarbeiter in eigener Regie Bons unterdrückt hat, um gezielt nicht verbuchte Beträge aus der Kasse entnehmen zu können“, erklärt er. Und auch nach Einführung der Bonpflicht, gebe es für einen unehrlichen Mitarbeiter andere Möglichkeiten, dem Fiskus Umsatzerlöse indirekt vorzuenthalten.
„Meines Erachtens sollte man nicht Unternehmern, beispielsweise aus der Backbranche, unterstellen, dass sie deshalb so viel Geschrei gegen die Bonpflicht veranstalten, weil sie so gerne weiter betrügen wollten. Das ist wirklich frech und anmaßend“, betont Stockinger. „Und mal ganz anders gefragt, was ist mit all den offenen Ladenkassen, den Kiosken, den Schaustellern, was ist mit Marktbetreibern, mit fahrenden Händlern, auf Messen? Was ist mit der Gastronomie, wenn sie sich Waren nur zur Hälfte auf Rechnung liefern lässt?“
Offene Handkassen sind nicht betroffen
Offene Hand- und Ladenkassen, wie man sie zum Beispiel vielfach auf dem Wochenmarkt nutzt, seien vom neuen Kassengesetz ausgenommen, erklärt die Delmenhorster Steuerberaterin Marion Loder. „Das betrifft aber nur Marktbeschicker, die keine Registrierkasse nutzen.“
In jedem Fall bedeutet die Bonpflicht für die Einzelhändler erhebliche Mehrkosten für Papier, Druck und Entsorgung der liegengebliebenen Kassenbelege. „Wir müssen etwa einmal pro Stunde den Mülleimer an der Kasse entleeren“, beschreibt Inkoop-Mitarbeiter Hendrik Schnier die Situation.
„Die neue Verpflichtung wird eine Menge Müll produzieren und auch Gifte aus dem Thermotransferpapier“, gibt Thomas Stockinger zudem zu Bedenken. Er geht zudem davon aus, dass es zu Preiserhöhungen kommen wird. „Nicht einmal drei Prozent unserer Kunden wollen einen Bon“, erklärt er.
Kassen müssen mit einer technischen Sicherheitseinrichtung ausgerüstet werden
Nichtsdestotrotz sind laut der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer Unternehmen mit elektronischen Registrierkassen oder Kassensystemen jetzt verpflichtet, diese mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (tSE) auszurüsten. Mit dem ersten Tastendruck beim Kassieren wird dann eine Transaktion eröffnet, die sich bei einer mit tSE ausgerüsteten Kasse nicht mehr ohne Spuren löschen lässt.
Da es jedoch nicht möglich ist, dass die technischen Sicherheitseinrichtungen bereits sofort zur Verfügung stehen, wurde eine Verschiebung des Anwendungszeitpunktes beschlossen. Neuer Stichtag ist der 30. September 2020. Hinzu kommt, dass eine Umstellung vieler Kassensysteme auf die benötigte Technik schätzungsweise zwischen 300 und 500 Euro kostet.
Bei Betriebsprüfungen in bargeldintensiven Betrieben legen die Finanzbehörden besonderen Fokus auf Registrierkassen und überprüfen sehr genau die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung. Und davon betroffen sind sowohl die Einzelhandelsbetriebe als auch insbesondere die Gaststätten.
Bereits seit der Jahreswende 2018 dürfen Finanzbehörden ohne Vorankündigung zu den üblichen Geschäftszeiten vorbeikommen, um die Kassensysteme zu überprüfen. In diesem Zusammenhang müssen alle relevanten Aufzeichnungen, Bücher und elektronischen Unterlagen vorgelegt und ein Datenzugriff über eine digitale Schnittstelle ermöglicht werden.