Autoärmer: ja, autofrei: nein. Auf diese Kurzformel könnte man das Positionspapier der Handelskammer zu den Plänen des Senats in Sachen autofreie Innenstadt 2030 bringen. Insbesondere die angestrebte Ausdehnung über den Innenstadtkern hinaus bereitet den Wirtschaftsvertretern Sorge.
„Bevor der motorisierte Individualverkehr mit ordnungspolitischen Mitteln nachhaltig reduziert wird, müssen zunächst alternative Mobilitäts-, Routen- und Stellplatzangebote geschaffen und notwendige Begleitinvestitionen in die öffentlichen Räume gesichert werden“, fordert die Präses der Handelskammer Bremen, Janina Marahrens-Hashagen. Für die Erreichbarkeit der Bremer Innenstadt müssten Politik und Verwaltung zusammen mit den Akteuren der Wirtschaft zeitnah ein Gesamtmobilitätskonzept entwickeln, das alle Menschen berücksichtige, die in der Innenstadt wohnen, arbeiten, einkaufen oder zu Besuch sind. Sie warnte davor, „den letzten Schritt vor dem ersten zu machen.“
Kammer für Reduzierung des Autoverkehrs in der City
Dabei lehnt die Handelskammer eine Reduzierung des Autoverkehrs in der Innenstadt keineswegs ab. Ganz im Gegenteil: „Die Kammer sagt ja zu einer fußgängerfreundlicheren Innenstadt. Die Kammer sagt ja zu weniger Durchgangsverkehr in der Innenstadt. Die Kammer sagt ja zu einer autoärmeren Kerninnenstadt. Die Kammer sagt nein zu einer großflächigen autofreien Zone vom Hauptbahnhof bis zur linken Weserseite“, verdeutlicht Hauptgeschäftsführer Matthias Fonger.
„Die Diskussion über das Heraushalten motorisierter Verkehre lenkt von den eigentlichen Herausforderungen ab. Ziel muss sein, über eine Erhöhung der Aufenthaltsqualität, über einen attraktiven Geschäftsbesatz und ein neues Storytelling mehr Leben, mehr Besucher, mehr Umsatz und mehr Wertschöpfung in die Bremer City zu bringen“, betont Joachim Linnemann, Vizepräses und Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung und städtischen Verkehr der Handelskammer.
Beschlossene Projekte umsetzen
Die bereits beschlossenen Projekte aus dem Verkehrsentwicklungsplan und dem Innenstadtkonzept müssten endlich umgesetzt werden. „Dazu gehören beispielsweise die Ausdehnung fußgängerfreundlicher Bereiche in der Carl-Ronning-Straße, der Balgebrückstraße und im Schüsselkorb sowie Maßnahmen für ein leichteres Queren der Martinistraße“, erklärt Linnemann.
Eine zentrale Rolle spielt für die Handelskammer die Erreichbarkeit der City. „35 Prozent der Besucher der Bremer Innenstadt kommen aus dem Umland. Diese Gruppe ist größtenteils auf den Pkw angewiesen und wägt bei der Erreichbarkeit, den Parkmöglichkeiten und Parkgebühren genau ab. Auf diese Besuchergruppe kann der bremische Einzelhandel nicht verzichten“, meint Stefan Brockmann, Vorsitzender des Ausschusses für Einzelhandel und verbraucherorientierte Dienstleistungen der Handelskammer.
Parkhäuser nicht vorschnell aufgeben
Die Parkhäuser Katharinenklosterhof und Am Dom dürften nicht vorschnell aufgegeben werden, periphere Parkhäuser müssen besser angeschlossen werden und mit einem leistungsfähigen Park-&-Ride-Stellplatznetz ergänzt werden, sagte Brockmann. Der Begriff „autofrei“ führe bereits heute zu Missverständnissen und sollte nicht verwendet werden: „Kein Verkehrsteilnehmer soll sich ausgeschlossen fühlen. Es bedarf einer alternativen, positiven Begrifflichkeit und eines positiv besetzten Ziels für die Bremer Innenstadt“, fordert er.
Die zehn Forderungen der Handelskammer:
- Geeignete Rahmenbedingungen vorher schaffen
- Zentralität erhöhen, Erreichbarkeit sicherstellen
- Fußgängerfreundlichkeit erhöhen, Projekte aus dem Verkehrsentwicklungsplan endlich umsetzen
- Ein ausreichendes Stellplatzangebot vorhalten
- ÖPNV attraktiver gestalten
- Anbindung der Umlandregion verbessern
- Fahrradverkehr fördern
- City-Logistik-Projekte engagiert vorantreiben
- Branding, Marketing, Message
- Eine Bremer Innenstadt im menschlichen Maßstab: Gemeinsam ideologiefrei eine fußgängerfreundliche und zugleich autoärmere Innenstadt gestalten
Der einzige Grund weshalb wir unser Geld noch in der Bremer Innenstadt ausgeben ist, dass man sie noch so einigermassen mit dem Auto erreichen kann. Fällt das weg, fährt unser Auto uns und unsere Kaufkraft eben woanders hin. Überhaupt kein Problem. In der Innenstadt gibt es nichts was nicht woanders genauso gut oder besser gibt.