Margret Löbner, Flötenbau 1, Foto: WFB/Jörg Sarbach Viel drechseln gehört für Margret Löbner zum Flötenbau dazu. Fotos: WFB/Jörg Sarbach
Instrumente

Der ideale und individuelle Klang

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Bremer Blockflötenmacherin Margret Löbner verkauft weltweit.

Einsätze quietschen, fiepend springen Töne eine Oktave hoch und fallen wieder herunter. In Fußgängerzonen, Altenheimen, Krippenspielen, unterm Tannenbaum war die Weihnachtszeit wieder eine Hochzeit für den Musiknachwuchs – live konzertierend auf Blockflöten mit ihren acht Löchern.

Vom Hirten- zum Orchesterinstrument

Dabei lernten viele Kinder: Klein, dünn, unspektakulär ist das Instrument und fordert eine Feinmotorik von Fingern, Mund, Zunge und Atem ein, die es schwer macht, erstmal andere als schrille Töne zu produzieren. Gegen dieses uncoole Image und den Ruf von Biedersinn und Bravheit arbeitet Margret Löbner im Viertel am idealen, aber immer auch individuellen Klang ihrer handgefertigten Exemplare.

Als eine von 15 Blockflötenmachern in Deutschland baut sie Prunkstücke aus Museen und Privatsammlungen nach, vor allem aber Eigenkreationen nach mittelalterlichen und barocken Vorbildern. Sie erinnert mit ihrer Arbeit an die Tradition dieser Art Blaskunst.

Als Hirteninstrument hielt sie Eingang in die westliche Welt, fand im frühen Mittelalter Verbreitung im Kreise der Spielleute, Stadtpfeifer und Gaukler und entwickelte sich als „Flauto dolce“, so ihr italienischer Name, zum höfischen Instrument. Während der Barockzeit gehörte die Blockflöte zum Ausdrucksspektrum fast jedes Orchesters.

Comeback dank Massenfertigung

Tondichter wie Antonio Vivaldi, Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel komponierten Sonaten extra für sie, und ganze Konzerte leben von ihren schnellen Läufen. Im 18. Jahrhundert gewann jedoch die klanglich kräftigere Querflöte die Oberhand, weil sie sich im erweiterten Instrumentarium der Orchester und in den großen Konzertsälen als durchsetzungsfähiger erwies.

Handwerkskünstlerin und ihr Produkt: Margret Löbner.

Handwerkskünstlerin und ihr Produkt: Margret Löbner.

Dank maschineller Massenfertigung gab es aber ein Comeback für das Instrument, es wurde erschwinglich und erlebte Einzug in die bürgerlichen Wohn- und Kinderzimmer sowie die Musikpädagogik. Als Tröte für jedermann gibt es sie heute in der Kunststoffvariante gar im Ein-Euro-Shop.

Aber der Boom war von kurzer Dauer. Die Zahl der Blockflötenschüler hat sich nach Angaben des Verbands Deutscher Musikschulen seit 1995 nahezu halbiert. Trotz extra eingeführtem Tag der Blockflöte am 10. Januar. Immerhin steigt der Umsatz mit Blockflöten. Es werden zwar weniger, dafür vermehrt teurere verkauft.

Zwei Wochen dauert die Fertigung

Etwa 14 Tage dauert die Fertigung bei Margret Löbner. Sie sägt dafür eckige Stücke aus einem Holzstamm und bohrt ein längliches Loch in die Mitte. Mit dem Werkstück verbringt sie viel Zeit an der Drehbank, bis es die runde Flötenform hat. Dann geht es ans Schnitzen, Schleifen und Polieren, schließlich werden Tonlöcher gebohrt.

Eine besondere Herausforderung ist die Fertigung des Labiums – eine keilförmig zulaufende Zunge im Kopfstück der Flöte, gegen den der Atem gepresst und so die Luftsäule im Holzhohlraum zum Vibrieren gebracht wird. Für die perfekte Tonerzeugung muss es auf den Zehntel-Millimeter genau sein.

In ganz seltenen Fällen kann das auch schon einmal schiefgehen. Dann landet das nicht ganz so gute Stück im Kaminofen. Viele, denen sie davon erzähle, seien darüber schockiert, sagt Löbner. Sie selbst sieht das pragmatisch. „Es ist besser, so ein Missgeschick gleich zu entsorgen. Und das Holz brennt gut.“

400 Modelle aller Art und Preisstufen

1986, im Alter von 23 Jahren, eröffnete Löbner ihr Geschäft für Blockflötenreparatur, -noten, -zubehör, -beratung, -verkauf und -neubau am Osterdeich 59 a, wo bis 1953 die Familie des Automobilmogulen Carl F. W. Borgward gewohnt hatte.

Ihre Kunden sind in erster Linie Studierende, ambitionierte Laien und Profis. Löbner verkauft analog in Bremen und online weltweit rund 400 Flötenmodelle aller Art und Preisstufen von diversen Mitbewerbern: beginnend bei dem in Serie hergestellten Einsteigermodell aus Kunststoff für 21 Euro bis zur Subgroßbassblockflöte für 5.600 Euro.

Drei Tonnen Holz für das ganze Leben

Herzstück ihres Unternehmens aber sind 13 Modelle, die sie selbst für ihr eigenes Label fabriziert. Schmuck wirken Altblockflöten aus schwarzem Grenadillholz für 1.670 Euro, klassisch die Sopranblockflöte aus kanadischem Ahorn für 610 Euro. Die meisten Instrumente baut Löbner aus europäischem Buchsbaum. Vor 30 Jahren ließ sie sich aus den Pyrenäen drei Tonnen liefern und meint, „das reicht für mein ganzes Leben. Je länger es abgelagert ist, umso weniger besteht auch die Gefahr, dass sich die Flöte später verzieht.“

Ist eine Flöte vollendet, spielen ihre drei Mitarbeiterinnen sie ein, bevor die Chefin noch einmal den Klang überprüft und die Instrumente zum Verkauf freigibt. „Sie kann wirklich toll klingen, wenn man sie zu spielen weiß“, betont Löbner.

Text: Jens Fischer

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