Weser Report: Frau Bogedan, von morgen an gehen die Schülerinnen und Schüler der vierten Klasse wieder in die Schule. Wie haben die Schulen sich darauf vorbereitet?
Claudia Bogedan: Unter anderem mit Hygienemaßnahmen. Es wurde Seife bestellt, Desinfektionsmittel und Einmal-Handtücher. All das ist in den Schulen ausreichend vorhanden. Der Eingangsbereich ist so organisiert, dass sich die Schüler dort nicht knubbeln. Und wir schreiben Abstandsgebote vor, damit die Tische so aufgebaut werden können, dass genügend Platz zwischen den Schülerinnen und Schülern ist. Das Wichtigste ist aber, dass alle die Hygienevorschriften einhalten.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek plädiert für eine Maskenpflicht in den Schulen. Warum sind Sie dagegen?
Im Grundsatz bin ich nicht dagegen. Aber man muss das Alter der Schüler berücksichtigen. Es ist weltfremd, pauschal für alle Schulen einen Mund- und Nasenschutz vorzuschreiben. Für die älteren Schüler halten wir solch einen Schutz für sinnvoll. Wir denken, dass es bei jüngeren Schüler viel eher zu einer fehlerhaften Anwendung kommt. Und bei den ganz Kleinen in der Kita ist er aus pädagogischen Gründen nicht angebracht. Es ist sehr wichtig, dass sie die Gesichter der Erzieher und Erzieherinnen sehen können. Es geht ja auch um eine sozial-emotionale Gesunderhaltung. Außerdem ist der Schutz durch Alltagsmasken in der Fachwelt umstritten. Das Allerwichtigste ist, die Hygieneregeln einzuhalten.
Geplant sind vier bis sechs Schulstunden pro Woche und die Aufteilung jeder Klasse in vier Gruppen, die getrennt unterrichtet werden. Wie soll das funktionieren?
Das gilt vor allem für Grundschulen. Als Schutz vor Infektionen sollen, da ist sich die Kultusministerkonferenz einig, möglichst wenig Schüler gleichzeitig im Gebäude sein. Neben dem Unterricht haben wir ja auch noch die Notbetreuung und die Förderangebote für alle, die eine besondere Unterstützung brauchen. Deshalb haben wir vorgeschlagen, die Gruppe A morgens zu unterrichten und die Gruppe B danach. Am nächsten Tag kommt die Gruppe C früh und die Gruppe D spät. Aber das haben wir den Schulen überlassen. Die kennen die Raumsituation, die personellen Möglichkeiten und die Bedarfslage der Eltern am besten.
Kann auch samstags unterrichtet werden?
Dafür gibt es momentan keine Notwendigkeit. Neben dem Unterricht, der Notbetreuung und den Förderangeboten wird es auch weiter Homeschooling geben – das ist unser Vier-Säulen-Modell.
Warum werden nur Kernfächer unterrichtet?
Nicht nur, aber es ist jetzt nicht die Zeit, Schülern auch noch neue Lerninhalte zu erschließen. Es geht darum, das zu festigen, was vorhanden ist: Lesen, Schreiben, Rechnen bleiben die Kernkompetenzen. Aber auch eine Fremdsprache, gerade für Schüler mit mittlerem Abschluss. Für die Q-Phase, also für die Zulassung des Abiturs, wird allerdings mehr Unterricht benötigt.
Wie wirkt sich das auf die Zeugnisse aus, die die Schüler im Juli erhalten?
Die Bewertung kann auf der Grundlage des gesamten Schuljahres erfolgen, also für das erste Halbjahr und für das zweite bis zum 13. März, dem letzten normalen Schultag.
Wann wird der andere Stoff nachgeholt?
Das hängt stark davon ab, ob wir nach den Sommerferien wieder zum normalen Schulbetrieb zurückkehren können. Dann können wir rund um den normalen Unterrichtsbetrieb eine Förderung anbieten und den ausgefallenen Unterricht sukzessive im kommenden Schuljahr nachholen.
Kann jedes Schulkind vor den Sommerferien noch zum Unterricht in die Schule gehen?
Es wird bis zum Sommer keinen schulischen Vollbetrieb geben. Unser Ziel ist es, dass jede Schülerin und jeder Schüler regelmäßig tage- oder wochenweise in die Schule kommt. Es gibt ein paar Ausnahmen wie die Klassen der Q-Phase oder Klassen in den berufsbildenden Schulen, die für Prüfungen oder Zulassungen lernen. Das Engagement der Beschäftigten in den Schulen ist jedenfalls riesig.
Einige fordern eine Verlegung der Sommerferien. Warum sind Sie bisher dagegen?
Manche Unternehmen wünschen, dass wir sie vorziehen, um jetzt auch Betriebsferien machen zu können. Die Tourismusbranche möchte die Ferien nach hinten verlegen in der Hoffnung, dass dann wieder alle Hotels und Restaurants öffnen dürfen. Wir müssen das machen, was aus Gründen des Infektionsschutzes geboten ist und die Gesundheitsämter uns sagen. Keiner weiß, was in acht Wochen ist. Wir sprechen uns gegen eine Verlegung aus, orientieren uns aber auch an Niedersachsen.
Wie gut ist Bremen mit E-Learning ausgestattet?
Wir sind das einzige Bundesland mit einem flächendeckenden Lernmanagementsystem, über das sich alle Lehrkräfte und Schüler miteinander austauschen können. Allerdings wachsen in Bremen viele Kinder in schwierigen familiären Verhältnissen und in Armut auf. Dort fehlen häufig mobile Endgeräte wie Notebooks. Deshalb bin ich froh, dass der Koalitionsausschuss in Berlin beschlossen hat, dass der Bund die Schulen mit 500 Millionen Euro für den Kauf von Endgeräten unterstützt.
Durch die Corona-Pandemie kommen auf Bremen zusätzliche Ausgaben zu. Wie verändern sich die Pläne für die Sanierung und den Bau von Schulen und Kitas?
Gar nicht. Finanziell nicht und strukturell bisher nicht. Bisher ist noch alles im Plan.