Delme Report: Herr Jochims, wie sieht aktuell Ihr Arbeitsalltag als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Delmenhorst/Oldenburg-Land aus?
Sven Jochims: Unabhängig von Corona laufen die zu erledigenden Aufgaben normal weiter. Nur Sitzungen dürfen im Augenblick nicht durchgeführt werden und die Geschäftsstelle ist für den allgemeinen Publikumsverkehr geschlossen. Zusätzlich zum Alltagsgeschäft nehmen die Themen rund um Corona viel Zeit in Anspruch. Wir versorgen unsere 280 Mitgliedsbetriebe zeitnah, strukturiert und verständlich mit allen Informationen, um sie bei der Bewältigung der gerade durch Corona zusätzlichen Herausforderungen bestmöglich zu unterstützen. Das können zum Beispiel Fragen zu Kurzarbeitergeld, Hilfs- und Zuschussprogrammen von Land und Bund, arbeitsrechtliche Auswirkungen, aber auch zur Umsetzung der Vorschriften im Betrieb sein.
Was beschäftigt das Handwerk am meisten?
Viele Betriebe treibt die Sorge um die wirtschaftlichen Auswirkungen um. Niemand kann die wirtschaftlichen (Spät-)folgen abschätzen. Wie verhalten sich beispielsweise Kunden, die selbst von Kurzarbeit betroffen sind? Werden Aufträge storniert oder verschoben? Oder kommen eventuell sogar neue Aufträge hinzu, da finanzielle Mittel, die für Urlaube geplant waren, nun in handwerkliche Dienstleistungen investiert werden? Die Betriebe nehmen aber auch ihre Pflicht zum Schutz ihrer Mitarbeiter und Kunden sehr ernst und lassen sich hierzu beraten um einerseits nichts falsch zu machen, aber anderseits auch einen optimalen Schutz sicherzustellen. Für die Kreishandwerkerschaft sind die Rückmeldungen aus den Betrieben sehr wichtig, um die Interessen der Handwerksbetriebe bei der Landesregierung und Politik optimal vertreten zu können.
Wie werden in den Betrieben die Abläufe im Arbeitsalltag organisiert, damit die Beschäftigten möglichst wenig direkten Kontakt zueinander haben? Und wie klappt es mit der Einhaltung des Sicherheitsabstandes von mindestens 1,5 Metern bei der Arbeit, auf Baustellen, im Kundendienst?
Von vielen Betrieben wissen wir, dass sie zum Beispiel durch Schichtpläne, versetzte Anfangs- und Endzeiten, Aufteilung in Teams, klare Hygienestandards und strikte Einhaltung der Abstandsregeln, alles unternehmen, um unbeschadet durch die Krise zu kommen. Gerade im direkten Kontakt mit Kunden, werden diese vorher telefonisch kontaktiert, um das Vorgehen zu besprechen. Unsere Erfahrung ist, dass sich unsere Innungsbetriebe sehr verantwortungsvoll verhalten.
Welche Innungen sind am schwersten von der Krise betroffen?
Die Friseure waren durch die vollständige Betriebsschließung sehr stark betroffen. Aber auch den Bäckern und Fleischern fehlt der Umsatz von Kunden aus Gastronomie und Hotellerie sowie aus dem Betrieb eigener Cafés. Das KFZ-Gewerbe war durch die Einschränkung im Fahrzeugverkauf von deutlichen Umsatzeinbußen betroffen. Davon abgesehen lassen sich auch bei den Handwerksbetrieben mit Privatkunden die Folgen durch Auftragsstornierungen und -verschiebungen sehr schwer einschätzen.
Wie laufen die Vorbereitungen für die Abschlussprüfungen der Lehrlinge?
Trotz Corona laufen die Vorbereitungen normal weiter. Einige Termine haben sich verschoben, aber die Abschlussprüfungen werden alle so zeitgerecht durchgeführt, dass sie innerhalb der vereinbarten Ausbildungszeiten erfolgen und eventuelle anschließende Weiterbildungen oder ein Studium aufgenommen werden können. Einige der Zwischenprüfungen beziehungsweise Teile der Gesellenprüfungen wurden in den Herbst verschoben.
Was ist in Sachen Feierlichkeiten zur Freisprechung geplant?
Die bisher gewohnte Form der Abschlussfeier vor großem Publikum im Theatersaal des „Kleinen Hauses“ wird für die jetzt anstehenden Abschlüsse nicht stattfinden. Wir erarbeiten aktuell Möglichkeiten zur Übergabe der „Gesellenbriefe“.
Liegt Ihnen noch etwas auf dem Herzen?
In der Krise wurde deutlich, dass handwerkliche Dienstleistungen nicht nur für systemrelevante Bereiche unverzichtbar sind, sondern in allen Bereichen notwendig. Viele haben handwerkliche Dienstleistungen, die als selbstverständlich erachtete werden, schmerzlich vermisst, als sie nicht mehr zur Verfügung standen. Beispiele hierfür sind der nicht mögliche Friseurbesuch oder das Verweilen in einem Cafe. Ich hoffe, dass diese Wertschätzung erhalten bleibt und die gesamtwirtschaftliche Relevanz des Handwerks erkannt wird. Abschließend wünsche ich mir, dass sich die Kunden auch weit nach der Krise regional orientieren und wir damit den Erfolg unserer Handwerksbetriebe sichern können. Schön wäre es, wenn wir weitere Betriebe in den Reihen unserer Innungen als Mitglieder begrüßen könnten.