Siegt sich Werder Bremen aus dem Tabellenkeller? Mit dem 1:0 bei Schalke 04 haben die Bremer einen weiteren Schritt Richtung Rettung gemacht, sind aber weiter Vorletzter in der Bundesliga-Tabelle. Auch deshalb ist Sportchef Frank Baumann momentan noch zwischen Skepsis und Zuversicht hin- und hergerissen. Am heutigen Mittwoch erwarten die Grün-Weißen um 20.30 Uhr Eintracht Frankfurt.
Herr Baumamn, sieben Punkte in den drei vergangenen Spielen, dabei kein Gegentor kassiert – ist das in Ihren Augen schon ein Trend?
Frank Baumann: Für die vergangenen drei Spiele schon, aber das zählt seit Samstag, 17.20 Uhr, bereits nicht mehr. Es zählt nur noch das nächste Spiel gegen Frankfurt. Natürlich können wir auf den sieben Punkten aufbauen. Wir wissen jetzt, was wir leisten können. Das müssen wir am Mittwoch wieder abrufen.
Was überwiegt bei Ihnen: Die Freude über die zuletzt gezeigten Leistungen oder der Ärger, dass die Mannschaft ihr Potenzial lange versteckt hat?
Das interessiert mich aktuell nicht. Es überwiegen die Gedanken daran, wie wir die nächsten Spiele, insbesondere das gegen Frankfurt, angehen können. Gedanken und Gefühle, die die vergangenen Wochen und Monate betreffen, sind im Moment nicht wichtig.
Marco Bode, der Chef des Aufsichtsrates, hat gesagt, der Verein würde gerade für seine Haltung, konsequent an Trainer Florian Kohfeldt festgehalten zu haben, belohnt. Sehen Sie das auch so?
Für mich ist es erstmal ein Zwischenstand. Von der Entscheidung, an Florian Kohfeldt festzuhalten, waren und sind wir überzeugt. Und sie war auch richtig. Aber nochmal: Es interessiert mich nicht, ob ich mich bestätigt fühlen darf oder nicht. Wir haben immer an Florian geglaubt und sind sicher, dass wir in dieser Konstellation den Klassenerhalt schaffen können.
Werder hat die Dynamik einer Krise erlebt, als das Team immer tiefer in Problemen versank – folgt jetzt die Dynamik des Erfolges?
Kann durchaus sein. Es hilft ja, sich bestätigt zu fühlen und zu sehen, dass man den richtigen Weg eingeschlagen hat. Aber es geht jetzt wirklich Schlag auf Schlag.
Täuscht es oder schwanken Sie selbst noch zwischen Zuversicht und Skepsis?
Die grundsätzliche Skepsis gibt doch die Tabellensituation vor. Wir sind immer noch Vorletzter, haben aber durch das Nachholspiel die Chance, Punkte zu sammeln, während die anderen nichts tun können. Wir müssen aufholen – und auf diesem Weg ist, wie der Trainer es auch immer wieder betont, jedes Spiel ein Endspiel. Die Spieler haben das in den letzten Partien wirklich gut umgesetzt.
Zwei 1:0-Siege, dazu ein 0:0 – das ist erfolgreicher Minimalismus in Reinkultur. Aber die Null wird vermutlich nicht immer stehen. Dann könnte es zum Problem werden, dass in der eigenen Offensive derzeit recht wenig passiert.
Ich sehe in den Spielen aber trotzdem die Chancen für uns – ob nach Standardsituationen oder wie für Davie Selke gegen Gladbach und Yuya Osako gegen Schalke. Natürlich wünschen wir uns auch, dass wir ein Spiel wie am Samstag durch ein 2:0 eher entscheiden, aber wichtig sind für uns wirklich nur die Punkte. Wir werden natürlich weiter versuchen, uns noch mehr Chancen zu erarbeiten und sie auch effektiver zu nutzen. Doch es ist auch eine Qualität, dass wir auf Schalke eine der ersten klaren Chancen gleich genutzt haben – und zwar durch ein wunderschönes Tor von Leo Bittencourt.
Dennoch: Josh Sargent zum Beispiel reibt sich in Defensivaktionen auf, kommt als Mittelstürmer in drei Partien aber nur auf einen Torschuss. Auch Milot Rashica entwickelt kaum noch Torgefahr, Selke lässt seine Großchance liegen, Osako auch. Nur Bittencourt liefert.
Sie liefern alle, haben alle ihren großen Anteil daran, dass wir defensiv gut stehen.In unserer derzeitigen Situation ist es das alles Entscheidende. Auf diese Art haben wir sieben Punkte in drei Spielen geholt. Wir werden aber auch wieder in eine Situation kommen, dass die Stürmer einen größeren Teil ihrer Laufwege in Offensivaktionen investieren können. Weil wir dann einfach noch kompakter stehen und unser Kombinationsspiel noch besser funktioniert – davon werden die Stürmer dann profitieren. Die Gefährlichkeit kommt dann wieder zurück, da bin ich ganz sicher. Aktuell ist aber das andere noch wichtiger und noch mehr gefordert. Und das machen sie alle richtig gut. Ich bin deshalb auch überhaupt nicht unzufrieden, sondern muss loben, wie sich die Stürmer in den Dienst der Mannschaft stellen und alles dafür tun, damit wir gemeinsam erfolgreich sind.