Ein schneller und lukrativer Verkauf von Stürmer Milot Rashica würde Sportchef Frank Baumann mit einem Schlag eine Menge Handlungsfreiheit eröffnen. Foto: Nordphoto
Transfermarkt

Werder Bremen: Hürdenlauf im Transfersommer

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Bremens Sportchef Frank Baumann muss erst Leistungsträger versilbern, bevor an Neuzugänge zu denken ist.

Von Daniel Cottäus

Der Wunsch steht offen im Raum, und das schon seit beinahe zwei Wochen. Daran, dass er auch in diesem Jahr wieder nicht in Erfüllung gehen wird, ändert sich allerdings nichts. „Jeder Trainer dieser Welt hätte am liebsten am ersten Trainingstag seinen Kader zusammen“, hatte Werder Bremens Chefcoach Florian Kohfeldt Anfang Juli gesagt – wohlwissend, dass er deutlich mehr Geduld aufbringen muss, ehe seine Mannschaft für die Saison 2020/21 endgültig steht.

Klar ist: Wenn Werder Anfang August in die Vorbereitung startet, werden viele Neuzugänge noch (und womöglich sogar lange) auf sich warten lassen, dafür aber andere Profis Runden über den Platz drehen, die den Verein noch verlassen sollen. Das hat in Bremen notgedrungen seit vielen Jahren Tradition – im Sommer 2020 ist Werder aus unterschiedlichen Gründen jedoch mehr denn je zum Warten gezwungen. Gleich mehrere Hürden stehen den eigenen Planungen auf dem Transfermarkt im Weg.

1. Der Rashica-Verkauf

Die Faustregel ist bekannt, weil sowohl von Sportchef Frank Baumann als auch von Geschäftsführer Klaus Filbry öffentlich erklärt: Erst wenn Spieler gehen – und das für eine möglichst hohe Ablöse – können neue dazukommen. Den klammen Bremern fehlt ohne Verkäufe von Leistungsträgern schlicht der Handlungsspielraum.

Da Milot Rashica aktuell die mit Abstand heißeste Werder-Aktie auf dem Markt ist, blockiert sein angestrebter Verkauf derzeit die weiteren Schritte. Werder hätte den Flügelstürmer zwar schon längst transferieren können, doch die 15 Millionen Euro Ablöse plus Nachzahlungen in Höhe von drei Millionen Euro, die RB Leipzig geboten haben soll, waren dem Verein viel zu wenig.

Baumann hofft vielmehr auf Einnahmen in Höhe von satten 25 Millionen Euro. Bei Werder rechnet deshalb niemand damit, dass der Deal schnell zustande kommt.

Vielmehr hoffen sie darauf, dass die Interessenten aus dem Ausland (allen voran der AC Mailand) endlich ernstmachen und den Preis nach oben treiben. Steigen jedoch keine weiteren Clubs ernsthaft in den Poker ein, dürften Werder irgendwann die Hände gebunden und Baumann gezwungen sein, doch ein Angebot annehmen zu müssen, das die Bremer weniger glücklich macht.

2. Die Not zu zocken

Mal angenommen, Werder hätte bereits etwas Geld eingenommen und wäre auch willens, es wieder auszugeben – das Warten auf neue Spieler wäre damit keinesfalls vorbei. Es lässt sich nicht einmal sagen, ob es verkürzt werden würde. Schon seit Jahren macht Sportchef Baumann Schlagzeilen mit Last-Minute-Transfers am Deadline-Day (Belfodil, Gnabry, Rashica, Langkamp, Sahin, Bittencourt, Selke).

Und zwar nicht, weil er so gerne zockt, sondern, weil er dazu gezwungen ist. Trainer Florian Kohfeldt erklärte in der vergangenen Winterpause: „Wir haben bei verfügbaren Spielern meistens nicht den Erstzugriff, weil die finanziellen Aspekte natürlich eine Rolle spielen.“ Heißt: Die Bremer bekommen ab einer bestimmten Preisstufe nur Spieler, die andere übrig lassen.

3. Das Zögern der Profis

Wir haben Ende Juli, die Saison startet erst im September – und das Transferfenster ist sogar bis zum 5. Oktober geöffnet. Da ist es nur logisch, dass sich viele Profis bei der Zukunftsplanung noch Zeit lassen und zunächst in Ruhe den Markt sondieren wollen. Warum sich schon im Hochsommer festlegen, wenn im Spätsommer vielleicht ein viel besseres Angebot kommt?

Werder hat außerdem das Problem, dass sie im Verein ja selbst noch nicht wissen, wie die neue Mannschaft aussehen wird. Neuzugängen die Mannschaft schmackhaft zu machen, ist vor diesem Hintergrund schwer. Hinzu kommt, dass Werder ohne konkrete Verkäufe selbst noch gar nicht genau den eigenen Bedarf definieren kann.

4. Die Top-Ligen

So fix wie die Bundesliga war keine andere europäische Top-Liga: Weder in England, Spanien, Frankreich noch in Italien wurde nach der Corona-Pause so schnell wieder gespielt – und deshalb läuft die Meisterschaft in diesen Ländern zum Teil noch.

Bevor dort die die Fragen nach Klassenerhalt oder der Qualifikation fürs internationale Geschäft nicht beantwortet sind, halten sich viele Clubs mit der Kaderplanung zurück. Der europäische Transfermarkt wird also erst in den kommenden Wochen überhaupt Fahrt aufnehmen.

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