Auf den Papiertüten, in denen an diesem Freitag die Brötchen ausgegeben werden, ist Werbung für das Feuerwerk der Turnkunst. Nicht für einen möglichen Ersatztermin für Europas erfolgreichste Turnshow für 2021, über den sich in Bremen sicher viele Menschen freuen würden, sondern noch als Ankündigung für die Veranstaltung am 30. Dezember 2019 – also vor mehr als einem Jahr. Nur eine kleine Randnotiz, aber dann doch irgendwie bezeichnend. Denn die Brötchentüten transportieren die Nachricht: Hier wird nichts einfach weggeschmissen, was man noch gut verwenden kann.
„Hier landet nichts im Container“
Genau damit kennen sie sich bei der Bremer Tafel aus und das haben sie perfektioniert. „Hier landet nichts im Container“, sagt Oskar Brehm aus dem Vorstand der Tafel und im Zentralllager in Hemelingen für den reibungslosen Ablauf verantwortlich. Und wenn er das so sagt, dann ist es auch tatsächlich so. Eben weil es auch fast nie einen Grund gibt, etwas wegzuschmeißen. Denn das, was der gemeinnützige Verein täglich an Lebensmittelspenden erhält, muss sich nicht hinter der Qualität verstecken, die am gleichen Tag im Supermarkt angeboten wird.
Jeden Tag kommt frische Ware rein
„Das meiste, was wir hier verteilen, stammt aus Überproduktionen“, erzählt Uwe Schneider, 1. Vorsitzender der Bremer Tafel, „dass wir hier die letzten Reste zusammenkratzen würden, ist ein absolutes Vorurteil“, fügt er an, während er einen kleinen Einblick in die Logistik und die Räumlichkeiten der Tafel auf dem Gelände der Brauerstraße schräg gegenüber des ehemaligen Coca-Cola-Geländes, gewährt. Im Lager und den großen Kühlhäusern stapeln sich Produkte, deren Mindesthaltbarkeitsdatum bis April oder Mai 2021 reicht. Und jeden Tag kommt wieder neue – frische Ware rein.
50 weitere Tafeln werden von Bremen aus versorgt
Auf fünf Touren fahren die Mitarbeiter der Tafel von montags bis freitags den Stamm ihrer Spender ab: Darunter große Zwischenlager, Hersteller, Logistikzentren, Supermarktketten und Bäckereien. Die Mengen, die sie dabei abholen sind immens, die Transporter der Tafel müssen in Hemelingen meist per Gabelstapler ausgeladen werden. 200 Tonnen pro Monat werden hier umgeschlagen. So viel, dass sogar noch 50 Tafeln im näheren und weiteren Umland mit Brötchen, Brot, Obst, Gemüse, Milchprodukte, Fertiggerichte und Fleischwaren versorgt werden können.
Kleine Spende für bunt gemischten Warenkorb
In Bremen nehmen knapp 2.400 Kunden die Tafel in Anspruch. Etwa die Hälfte davon sind Ein-Personen-Haushalte. Hinter der anderen Hälfte verbergen sich Bedarfsgemeinschaften oder Familien mit bis zu elf Personen“, berichtet Schneider. Berechtigt das Angebot der Tafel anzunehmen ist, wer geringes oder kein Einkommen hat.
Für eine kleine Spende von 2 Euro (Einzelperson) oder 3 Euro (Familie) erhält man jeweils einen bunt gemischten Warenkorb, aus dem man auswählen kann, was man haben möchte.
Erstaunlicherweise hat die Pandemie die Anzahl der Tafel-Kunden in Bremen nur leicht steigen lassen.
Viele neue Helfer gewonnen
Ebenso erstaunlich, dass die Tafel kaum Probleme bekam, als sie ihre zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeitern ab 65 Jahre aus Infektionsschutzgründen bitten musste, zuhause zu bleiben. Doch weil sich zeitgleich viele jüngere Leute, die sich derzeit in Homeoffice oder Kurzarbeit befinden, meldeten, konnte man das kompensieren. Und dass es dann auch noch Schülerpraktikanten gibt, die freiwillig ihre Arbeit bei der Tafel verlängern, das sei „einfach nur ein Wahnsinnsgefühl“, erzählt Brehm.
Mehr Infos, Öffnungszeiten, Verteilstellen und Kontakt zur Tafel gibt es unter Telefon 43 419 59 (Hemelingen)sowie 69 67 58 86 (Bremen-Burg) und bremertafel.de