Es gibt sicher einfachere Wege an seinen Führerschein zu kommen, als das in Bremen der Fall ist. Fast jeder zweite Fahrschüler fällt durch die praktische Prüfung, wie die Zahlen zeigen, die das Kraftfahrt-Bundesamtes jetzt veröffentlich hat. Nur 59,8 Prozent waren 2020 erfolgreich. Schlechter schneidet unter den 16 Bundesländern nur Hamburg ab. Dort gelangen nur 54,1 Prozent ans Ziel. Bundesweit sind es 71,4 Prozent. Spitzenreiter sind Schleswig-Holstein mit 75,2 Prozent, Bayern mit 75,1 und Hessen mit 75 Prozent.
„Man hofft jedes Jahr, dass wir mit Bremen besser abschneiden, aber das ist eben ein Problem der Stadtstaaten“, erklärt Michael Kreie, Vorsitzender des Landes-Fahrlehrerverbandes Bremen. Natürlich sei eine praktische Prüfung in den Flächenstaaten deutlich einfacher, weil es die Prüflinge eher selten mit so komplexen Verkehrssituationen zu tun hätten wie in Bremen.
Anspruchsvolle Straßen
„Gucken sie sich doch alleine den Utbremer Kreisel an“, holt Kreie aus. „Da finden selbst Leute, die schon jahrelang ihren Führerschein haben, kaum die richtige Ausfahrt. Dazu führt noch ein stark befahrener Radweg über die Verkehrsinsel in der Mitte. Das ist schon anspruchsvoll“, erklärt der erfahrene Fahrlehrer, der auch regelmäßig bei Prüfungen ist.
Das Bremer Verkehrskonzept sei anspruchsvoll mit einigen Eigenarten und eigenartigen Ecken, führt Kreie aus. Wie solle man beispielsweise den Schülern plausibel erklären, wenn im Bereich von Schulen selbst samstags und sonntags bis 22 Uhr Tempo 30 gelte. Außerdem sei Bremen relativ eng bebaut und habe einen starken Radverkehr.
Keine schlechtere Ausbildung
Die Hauptgründe, warum die Fahrschüler in der praktischen Prüfung versagen, sind übrigens Vorfahrtsverletzungen, Abbiegefehler und das Übersehen anderer Verkehrsteilnehmer, erläutert Kreie. Sein Fazit: Die geringere Bestehensquote in Bremen hänge nicht mit einer schlechteren Qualität der Ausbildung oder der Schüler zusammen.
Dass die Bremer Fahrschüler nicht ungeschickter sind als die in anderen Bundesländern belegt auch eine andere Zahl. Denn bei den erfolgreich abgeschlossenen Theorieprüfungen liegt Bremen mit 66 Prozent sogar leicht über dem Bundesdurchschnitt.
Stadtstaaten im Nachteil
Auch Rainer Camen vom TÜV-Nord verweist angesichts der aktuellen Zahlen auf den Nachteil, mit dem die Stadtstaaten statistisch immer schon zu kämpfen hatten. Unterschiedlich harte Prüfer oder Prüfordnungen gebe es jedenfalls nicht. Was an Fahraufgaben von den Fahrschülern erwartet werde, sei bundesweit einheitlich geregelt und werde ganz transparent abgeprüft.
Einen kleinen Erfolg können die Bremer immerhin für sich verbuchen. Sie sind ja nicht die schlechtesten. In der Theorie sind allerdings die Hamburger besser. 70,2 Prozent schaffen den schriftlichen Test, in Bremen hingegen 66,1 Prozent.
Dass 2020 die Anzahl der Fahrprüfungen in Bremen um fast 12 Prozent eingebrochen ist, hat ausschließlich mit der Corona-Pandemie zu tun. Durch sie gingen zwei Prüfungsmonate verloren.