Seit Juli ist Christian Modder Koordinator für das Sicherheitsprogramm Hauptbahnhof. Zuvor arbeitete der 39-Jährige als Leitender Polizeidirektor in der Innenbehörde. Zur Bremer Polizei war er 2003 gekommen.Foto: Meyer
Interview

Weihnachtsmarkt am Bahnhof

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Was der neue Sicherheitskoordinator Christian Modder für den Bremer Hauptbahnhof plant.

Weser Report: Herr Modder, Sie sind der neue Koordinator für das Sicherheitsprogramm Hauptbahnhof. Was fällt Ihnen als erstes auf, wenn Sie am Hauptbahnhof sind?

Christian Modder: Der Uringestank. Das Ziel ist deshalb: Wir müssen allen Nutzern des Hauptbahnhofs kostenlose Toiletten bereitstellen. Den Zug- und Busreisenden ebenso wie Menschen in prekären Lebenslagen, die sich den ganzen Tag dort aufhalten. Da sind wir aktuell in Gesprächen mit der Bremer Straßenreinigung. Zunächst wollen wir am Hauptbahnhof zwei Pissoirs zur kostenlosen Nutzung aufstellen. Das kann aber nur eine Übergangslösung sein.

Es gibt doch schon eine Toilettenanlage, die kostenlos nutzbar war, aber dann geschlossen wurde.

Die Angebote, die wir in der Vergangenheit gemacht hatten, wurden missbräuchlich genutzt. Wir hatten leider Drogenkonsumenten, die sich in der Toilette eingeschlossen hatten, Dreck hinterlassen hatten, und einige brauchten auch medizinische Hilfe. All das hat dazu geführt, dass wir die kostenlose Toilette erst einmal schließen mussten. Mit der Wiedereröffnung des Szenetreffs können wir dahinkommen, dass wir zumindest zeitweise wieder eine kostenlose Toilette anbieten können. Aber wir suchen noch immer danach, wie wir eine bewachte kostenlose Toilette anbieten können.

Innensenator Ulrich Mäurer hatte noch im Juni gesagt: Nachts will man nicht am Hauptbahnhof spazieren gehen. Wie entwickelt sich die Kriminalität dort?

Der Hauptbahnhof ist ein Brennpunkt, aber die Zahl einiger Delikte ist zurückgegangen. Zum Beispiel registrieren wir weniger Raubdelikte und weniger Taschendiebstähle. Das kann auch daran liegen, dass wegen Corona weniger Reisende und Pendler unterwegs sind und viele Menschen darauf achten, Abstand zu halten. Gestiegen ist der Fallzahl der Ladendiebstähle. Wir vermuten als Grund die Eröffnung des City Gate.

Wie viele Delikte kann die Polizei aufklären?

Durch die Videoanlage am Bahnhof haben wir bessere Möglichkeiten in der Strafverfolgung und in der Aufklärung. Die Aufklärungsquote ist seit der Installierung der Anlage gestiegen.

Wie kann man den Vorplatz des Hauptbahnhofs attraktiver gestalten?

Mein Ziel ist, dort etwas mit besserem Aufenthaltscharakter zu schaffen, so dass die Leute gerne dorthin gehen und dort auch verweilen möchten und nicht denken: Schnell weg hier, weil sie es dort unangenehm finden und sie ein subjektiv schlechtes Sicherheitsgefühl haben.

Was schlagen Sie vor?

Mein Wunsch ist es, durch Veranstaltungen und Gastronomie dort die Leute zum Verweilen einzuladen. Da sind wir auf der Suche nach solchen Möglichkeiten. Ich kann mir dort auch einen Weihnachtsmarkt vorstellen. Es reicht nicht, dort nur einige wenige Buden aufzustellen, an denen die Leute vorbeigehen oder schnell einen Glühwein trinken, weil ihr Zug später kommt. Wir müssen dort etwas mit Aufenthaltscharakter schaffen. In diesem Winter kommt nach meiner Kenntnis das Spiegeltheater mit einem Zelt auf den Platz der Deutschen Einheit.

Auch die Haltestellen vor dem Hauptbahnhof wirken nicht gerade einladend.

Wir brauchen eine neue Regelung für die Haltestellen.

Sie können die Leute, die dort offenbar den ganzen Tag verbringen und womöglich Alkohol konsumieren, doch nicht einfach wegschicken.

Da müssen wir noch mal ans Ortsgesetz ran und prüfen, ob es vielleicht ausreicht, solche Personen zum Gehen aufzufordern, wenn ich erkennbar feststelle, dass die Person oder die Gruppe nicht mit der Straßenbahn oder dem Bus fahren möchte, sondern da nur sitzt, um zu verweilen. Vielleicht reicht als Grund zum Wegschicken schon der Konsum von Alkohol und anderen Suchtmitteln. Aktuell ist das nicht möglich, aber da sind wir in der Diskussion. Wir bekommen viele Beschwerden über das Lagern am Hauptbahnhof, über den Konsum von Suchtmitteln und über das Betteln dort. Die einen sagen: Lasst diese Menschen am Hauptbahnhof verweilen, sie sichern sich dort ihren Lebensunterhalt, sonst begingen sie vielleicht Straftaten.

Was sagen Sie denen?

Insgesamt ist es nicht unser Ziel, diese Leute zu vertreiben, sondern ihnen attraktive Angebote zu machen. Der Szenetreff ist ein Beispiel oder das Café Papagei. Wegen Corona können wir momentan zwar nicht so viele Leute in den Szenetreff lassen wie in der Vergangenheit. Aber wir haben auch alternative akzeptierte Orte. Im Nelson-Mandela-Park haben wir Bänke aufgestellt. Dort können sich zum Beispiel Alkoholsüchtige treffen. Wir haben den vorläufigen Drogenkonsumraum. Grundsätzlich haben wir nichts gegen Leute, die sich am Bahnhof aufhalten. Sie müssen sich aber an die Regeln halten, nicht rumbrüllen und nicht andere Leute belästigen.

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