Der gebürtige Bremer Volker Redder, Diplom-Biologe und Diplom-Informatiker, hat schon mehr als ein Dutzend IT-Unternehmen gegründet und gehört seit 2015 der FDP an. Foto: Schlie
Interview

„Wir müssen Steuern senken“

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Was der FDP-Spitzenkandidat Volker Redder im Bundestag durchsetzen will.

Weser Report: Herr Redder, Sie fordern einen Entfesselungspakt für die Wirtschaft. Verstehen Sie darunter eine Entfesselung des Kapitals? Dann bricht einigen Leuten vermutlich der Angstschweiß aus.

Volker Redder: Der Staat darf die Unternehmen nicht weiter drangsalieren. Er muss ihnen die Steuerlast und die Bürokratielast nehmen. Bei einer Neugründung zum Beispiel muss ja nicht schon in der ersten Woche das Finanzamt kommen und sagen: Sie müssen das und das entrichten. Wir wollen, dass die Wirtschaft in Ruhe gelassen wird.

In der Corona-Pandemie haben die Unternehmen den Staat gerne in Anspruch genommen.

Am meisten gelitten haben die Restaurants und Hotels. Die mussten lange Zeit schließen, aber man hätte sie offen lassen können unter der Bedingung, dass sie Luftfilter und ähnliche Maßnahmen nutzen. Ich halte die Gastronomie für systremrelevant, Treffen sind wichtig. Vor allem die Außengastronomie hätte man erlauben können, im Winter hätten die Gastronomen Heizpilse aufstellen können. Einige Unternehmen standen schon zu Beginn der Corona-Krise an der Existenzgrenze. Denen nützt keine Hilfe mehr. Die machen dicht.

Sie wollen nicht nur die Steuern für Unternehmen senken, sondern auch die Steuern für kleine und mittlere Einkommen reduzieren. Wie sollen Bund und Länder dann die Schulden tilgen, die sie für die Corona-Hilfen aufgenommen haben?

Haben wir nach der Finanzkrise 2008 die Steuern angehoben? Haben wir nicht. Was ist passiert? Wir waren in einem Jahr über die Krise hinweg. Die Unternehmen müssen entlastet werden, damit sie wettbewerbsfähiger werden. Und die Steuern auf kleine und mittlere Einkommen müssen wir senken, um den Konsum anzukurbeln.

Sie möchten ein liberales Bürgergeld einführen. Jeder Bürger soll Geld vom Staat bekommen?

Das Bürgergeld ist kein bedingungsloses Grundeinkommen. Der Erhalt soll schon an bestimmte Bedingungen geknüpft werden. Studien zeigen, dass durch ein bedingungsloses Grundeinkommen keine tollen Ideen entstehen. Die Empfänger sitzen rum und gucken Netflix. Die Adelssöhne, die im 19. Jahrhundert von einer Apanage lebten, wurden doch nicht kreativ. Von denen hat keine die Dampfmaschine weiterentwickelt. Eher konsumierten sie Opium.

Bei Ihrem Programm kommt als Koalitionspartner wohl nur die CDU/CSU infrage.

Das sehe ich anders. In Koalitionsverhandlungen kommt man in bestimmten Punkten dem anderen entgegen und der wiederum einem in anderen Punkten. Und was den Klimawandel angeht, haben wir eine große Schnittmenge mit den Grünen.

Sie lehnen ein pauschales Verbot von Verbrennungsmotoren ab?

Absolut. Was heißt Verbrenner? Auch wenn ich E-Fuels nutze, brauche ich einen Verbrennungsmotor. E-Fuels sind aber klimaneutral. Und warum soll ich mir ein neues Elekto-Auto kaufen, wenn ich einen alten Diesel haben, der noch 20 Jahre fahren könnte? Das E-Auto müsste erst noch produziert werden. Da ist die Nutzung von E-Fuels doch viel schlauer. Die Umrüstung eines Pkw würde 2.500 bis 3.000 Euro kosten. Woher soll außerdem der ganze Strom kommen, wenn alle mit E-Autos fahren? Wir schalten die Atomkraftwerke ab. Der dort erzeugte Strom soll aus ersetzt werden durch Strom aus Windenergie, Biomasse und Photovoltaik ohne Speicher?

Was ist die Alternative?

Wir werden Strom aus Polen und Frankreich beziehen, beides Länder, die Atomkraftwerke betreiben.

Sie sind gegen eine Abschaltung der Atomkraftwerke?

Die Technologie ist aus den 1970er Jahren, aber ich plädiere für eine Technologie-Offenheit.

Bei der letzten Bundestagswahl 2017 kam die FDP in Bremen auf 9,3 Prozent…

…bei 9,5 Prozent wäre Lencke Wischhusen in den Bundestag eingezogen. Jetzt brauchen wir ungefähr 9,5 bis 10 Prozent, um ein Bundestagsmandat zu bekommen. In den Umfragen erreicht die FDP bundesweit 12 bis 13 Prozent. In Bremen liegen wir immer 1,5 bis 2 Prozent unter dem Bundestrend. Damit wäre ich drin.

Sie bereiten sich also schon auf den Sprung nach Berlin vor?

Ja, ich habe mich vorbereitet. Meine Schwester ist in der SPD und hat mir schon gesagt, wer von denen es nicht mehr in den Bundestag schafft und welche Wohnungen dann in Berlin frei werden.

Was wird aus Ihrem Unternehmen?

Das ist ja ein Familienunternehmen, meine Frau macht dann weiter. Außerdem habe ich eine Mitarbeiterin, die viele Bereiche übernommen hatte, als ich lange krank war. Schon in der letzten Woche habe ich nur vier Stunden für das Unternehmen gearbeitet, den Rest für die Partei.

Wie viel geben Sie für den Wahlkampf aus?

Knapp 100.000 Euro kommen von der Bremer FDP. Persönlich habe ich ungefähr 15.000 Euro für den Wahlkampf gespendet.

Die Grüne Annalena Baerbock will ein Klimaschutz-Ministerium einrichten, Sie als IT-Unternehmer ein Digitalisierungsministerium. Wozu?

Ja, wir brauchen ein Digitalisierungsministerium. Wir haben noch kein Bürgerkonto, kein Unternehmenskonto. Wir müssen die Verwaltung digitalisieren. Wenn das funktioniert, kann man zum Beispiel einen Bauantrag online abgeben und der Rechner sagt dank eines Algorithmus, ob der Antrag okay ist. Dann müssen nicht mehr fünf Beamte drübergucken. Der Staat braucht weniger Beschäftigte und spart Geld. Das ist doch eine gute Sache.

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