Seit sechs Uhr morgens sitzt am Birgit Helken am Telefon. Gemeinsam mit ihrem Team versucht die Leiterin der Grundschule Stader Straße, Hunderte Eltern und Lehrer zu erreichen oder per Mail zu informieren. Denn an diesem Tag, dem vergangenen Freitag, darf kein Kind in die Schule kommen. Bis mindestens Samstagmorgen müssen sie in Quarantäne bleiben. Das gilt nicht nur für die Kinder der Grundschule Stader Straße.
„Mindestens 30 der Bremer Grundschulen wurde am Freitag in Quarantäne geschickt“, sagt Aygün Kilincsoy, der Büroleiter der Bildungssenatorin Sascha Aulepp.
Der Grund: Das Düsseldorfer Unternehmen, das die Corona-Tests der Schüler auswertet, hat „massenhaft falsche, positive Ergebnisse per SMS geschickt“, wie Kilincsoy erklärt. Viele Eltern bemühten sich, ihre Arbeitgeber zu informieren und die Betreuung ihrer Kinder sicherzustellen, oft auch die der Geschwisterkinder. Denn Kindergärten wollten sie nicht aufnehmen, kaum dass die Falschmeldung die Runde gemacht hatte.
Pooltests
Von heute an gelten für Schüler neue Corona-Regeln. Nur noch die Kinder müssen dann in Quarantäne gehen, die positiv getestet wurden. Doch das hört sich einfacher an, als es ist. „Die Lollitests sind sogenannte Pool-Tests“, erklärt Kilincsoy. Das bedeutet, dass alle Tests einer Klasse eingesammelt und ausgewertet werden. „Wenn ein Test positiv ausfällt, kann man ihn leider nicht direkt einem Kind zuordnen“, sagt Kilincsoy. „Deshalb müssen dann alle Schüler in Quarantäne gehen und noch einen Lollitest machen.“ 24 Stunden später könne herausgefunden werden, welches Kind infiziert sei und in Quarantäne bleiben müsse.
„Die Mitschüler können wieder in die Schule, werden jedoch täglich für sieben Tage getestet und müssen eine Maske tragen“, sagt Kilincsoy.
Elke Suhr, Landesvorstandssprecherin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert: „Wir brauchen ein Test-System, das funktioniert. In Nordrhein-Westfalen werden die Pool-Tests und die individuellen Tests gleichzeitig durchgeführt. In Bremen vergehen 24 Stunden, bis die Ergebnisse da sind. In der Zeit können infizierte Kinder andere anstecken.“ Suhr meint, eventuell müsse man wieder auf Antigen-Tests umsteigen.
Keine Antigentests
Dass sich die Schüler zu Hause einem Antigen-Test unterziehen und die Eltern das Ergebnis durch ihre Unterschrift bestätigen, lehnt das Bildungsressort ab. „Da können wir nicht sicher sein, ob die Tests wirklich gemacht wurden“, meint Kilincsoy. „Wenn diese unter der Anleitung und Aufsicht der Lehrer durchgeführt werden, kann nicht geschummelt werden und wir haben mehr Kontrolle“, erläutert Kilincsoy. Darum will die Bildungsbehörde in den nächsten Wochen trotz der technischen Störung an den Lollitests festhalten.
Martin Stoevesandt, Vorstandssprecher des Zentralen Elternbeirats, sieht das ähnlich: „Lollitests sind akkurater als Antigen-Tests. Die Antigen-Tests haben viel zu oft falsche Ergebnisse geliefert.“ Was am Freitag passiert war, nennt er „Vollkatastrophe“.