Seit Juli 2018 ist Elmar Kleinert Geschäftsführer des Flughafens Bremen, zuvor war der Ingenieur und Hobbypilot Geschäftsleiter Operation beim Airport Berlin-Brandenburg.Foto: Schlie
Interview

„Ein Wert, der Mut macht“

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Der Flughafen-Chef Elmar Kleinert spricht über Passagierzahlen, Stellenabbau und Bio-Kerosin.

Weser Report: Herr Kleinert, wie geht es am Flughafen nach fast zwei Jahren Corona-Pandemie und neuer Virusvarianten weiter?

Elmar Kleinert: Die Passagierzahlen gehen hoch. Im Oktober dieses Jahres hatten wir bereits rund 125.000 Passagiere, das sind schon wieder 50 Prozent derjenigen, die wir im Oktober 2019 hatten, also vor dem Ausbruch der Pandemie. Auf einem ähnlichen Niveau haben wir uns im November bewegt. Wir gehen davon aus, dass wir im nächsten Jahr schon 1,5 Millionen Passagiere in Bremen haben werden. Das ist ein Wert, der Mut macht.

Kommen alle Airlines, die vor Corona Bremen anflogen, wieder zurück?

Im großen und ganzen ja. Es gab unter den Airlines eine harte Konsolidierung, nicht alle haben es ans rettende Ufer geschafft. Aber wir können uns wieder auf unsere drei Säulen stützen: auf die Linienverkehre, insbesondere zu den Hubs in Frankfurt, München, Wien, Amsterdam und Istanbul; auf die Touristik und auf die Low-Cost-Carrier. Ryanair ist bereits zurück und mit Swiss Air, Airfrance und anderen sind wir im Gespräch.

Sie haben in der Pandemie Personal abgebaut. Stellen Sie jetzt wieder ein?

Wir sind in einer Sanierungsphase, und der Gesellschafter…

…also die Stadt Bremen…

….unterstützt uns nach Kräften, erwartet aber, dass wir einen eigenen Beitrag leisten und Prozesse optimieren und schlanker arbeiten. Die früheren Verkehrsmengen von 2,5 oder 2,6 Millionen Passagieren werden wir frühestens 2025 wieder erreichen. Deshalb bauen wir weiter Personal ab. Die Zahl der Vollzeitstellen ist von 440 auf rund 360 gesunken, wir wollen herunter auf 330. Das geschieht auf freiwilliger Basis. Betriebsbedingte Kündigungen schließt der Tarifvertrag mit der Gewerkschaft Verdi aus. Er hilft uns aber, in den Jahren 2022, 2023 und 2024 Einsparungen von über zwei Millionen Euro zu generieren.

Trotz des Personalabbaus soll ein zweiter Geschäftsführer eingestellt werden.

Das ist der Wunsch des Gesellschafters. Der Flughafen wird auf absehbare Zeit auf Zuweisungen der Stadt Bremen angewiesen sein. Wenn sie uns nicht unter die Arme gegriffen hätte, hätten wir im Juni Insolvenz anmelden müssen. Wir hatten durch Corona fast anderthalb Jahre lang überhaupt keine signifikanten Einnahmen mehr. Der Wunsch des Gesellschafters ist es, in einer solchen Situation das Vier-Augen-Prinzip in der Geschäftsführung zu haben.

Bisher unterschreiben Sie immer alleine?

Ich unterschreibe immer mit einem Prokuristen zusammen.

Wie viel Geld schießt die Stadt inzwischen zu?

Niedrige zweistellige Millionenbeträge. Außerdem hat die Stadt zweimal unser Eigenkapital erhöht: einmal um 15 Millionen und dann um 10 Millionen Euro. Daraus zahlen wir den Betriebsmittelkredit der Stadt zurück.

Welche Zuwendungen brauchen Sie in den nächsten Jahren?

Ab 1. Januar gilt wieder das alte Insolvenzrecht, dann muss ich für zwölf Monate im Voraus Liquidität nachweisen. Die Höhe der Zuwendungen hängt auch vom Fortschritt der Sanierung des Flughafens ab. In den nächsten ein, zwei Jahren werden wir noch einen niedrigen zweistelligen oder hohen einstelligen Millionenbetrag jährlich benötigen.

Wie weit sind Sie mit der Sanierung?

Wegen der aktuellen Lage müssen wir den sehr ambitionierten Abbau des Investitions- und Sanierungsstaus strecken. Aber auch im nächsten Jahr werden wir einige Millionen Euro in die Infrastruktur investieren. Bis wir den ganzen Stau abgearbeitet haben, wird es noch sechs bis sieben Jahr dauern. Ich vermute, dass wir noch einen Instandhaltungsstau von 40 oder 50 Millionen Euro vor der Brust haben.

Suchen Sie nach neuen Erlösquellen?

Wir kämpfen dafür, den Verkehr so schnell wie möglich wieder hochzufahren. Die anderen Erlösquellen hängen mittelbar von den Verkehrsmengen ab wie die Gastronomie und das Shopping im Terminal und das Parkhaus. Außerdem vermarkten wir die Büroflächen in unseren Immobilien. Da stehen wir mit potenziellen Kunden im Gespräch. Und ein Teil im südlichen Flughafengelände wird als Gewerbegebiet verpachtet. Insgesamt macht dieses ganze Non-Aviation-Geschäft 30 Prozent unserer Einnahmen aus.

Im nächsten Jahr wollen Sie hier CO2-freies Kerosin anbieten. Wann genau ist es soweit?

Im Frühjahr 2022, einen genauen Termin kann ich noch nicht sagen. Die ersten Kunden haben wir schon, Namen kann ich aber noch nicht nennen. Der CO2-freie Kraftstoff wird zunächst zwar teurer sein als herkömmliches Kerosin, aber viele Kunden sind daran interessiert, ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren. Wir sind einer der ersten Airports in Deutschland, die das CO2-freie Kerosin anbieten werden.

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